Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Wahl eines Betriebsrats der Mitglieder der DRK-Schwesternschaften
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist nicht offenkundig, dass die Mitglieder der DRK-Schwesternschaften keine Arbeitnehmer sind. Eine von diesen durchgeführte Betriebsratswahl ist nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar.
2. Jedenfalls solange nicht rechtskräftig über die Anfechtung der von den Mitgliedern der DRK-Schwesternschaft durchgeführten Betriebsratswahl entschieden ist, stehen dem gewählten Betriebsrat die Mitbestimmungsrechte aus § 99 BetrVG zu. Ist ein fünfzehnköpfiger Betriebsrat gewählt, wird in diesem Fall fingiert, dass in dem Betrieb, dessen Mitglieder der DRK-Schwesternschaft den Betriebsrat gewählt haben, die für § 99 Abs. 1 BetrVG erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt ist.
Normenkette
AÜG § 1 Abs. 1; BetrVG § 99; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BetrVG § 5 Abs. 1, § 7 S. 2, § 87
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 20.03.2015; Aktenzeichen 3 BV 115/14) |
Tenor
- Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 20.03.2015 - 3 BV 115/14 - abgeändert und der Hauptantrag des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligte zu 2) bei der Versetzung des Mitglieds des Antragstellers W. als Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen ist.
Der Antragsteller war ein Verein mit insgesamt etwa 1.750 Mitgliedern. Grundlage waren die Satzung des Antragstellers sowie die Mitgliederordnung für die Schwesternschaften vom E. S. L.. Die Satzung des Antragstellers wurde mit Genehmigung des Verbandes der E.-Schwesternschaft dahingehend geändert, dass ein befristeter Einsatz maximal für eine Dauer von zwei Jahren zulässig war. Außerdem wurden durch Satzungsänderung Änderungen in Bezug auf den Beirat vorgenommen, u.a. eine mögliche Freistellung geregelt sowie klargestellt, dass er die satzungsgemäße Interessenvertretung der Mitglieder war. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Satzung nebst Änderung (Anlagen AST 1, 21, 22 und 23) und die Mitgliederordnung (Anlage AST 2) Bezug genommen. In dem Antragsteller waren Schwestern und männliche Pflegekräfte zusammengeschlossen, die vornehmlich in der Kranken- und Altenpflege sowie Geburtshilfe tätig waren. Die Tätigkeit der Mitglieder wurde beim Antragsteller selbst oder - im Rahmen von Gestellungsverträgen - bei anderen Einrichtungen ausgeübt. Zu letzteren zählte das Universitätsklinikum F.. Bis zum Mai 2014 verfügte der Antragsteller über etwa 300 Beschäftigte auf arbeitsvertraglicher Basis, welche nicht Mitglieder waren. Diese hatten einen Betriebsrat gewählt. Mit Wirkung zum 01.06.2014 ging diese Personengruppe - einschließlich der Betriebsratsmitglieder - auf das Universitätsklinikum F. über, bei dem diese bereits zuvor eingesetzt waren. Ausgenommen von der Überleitung waren drei Reinigungskräfte, die beim Antragsteller selbst tätig waren. Der Einsatz der Mitglieder des Antragstellers im Universitätsklinikum F. erfolgte nach wie vor auf der Grundlage des Gestellungsvertrags zwischen dem Universitätsklinikum F. und dem Antragsteller vom 26.01.2006. In diesem hieß es u.a.:
"§ 3
(3) Bei seiner Tätigkeit im Universitätsklinikum unterliegt das Gestellungspersonal den fachlichen und organisatorischen Weisungen der zuständigen Stellen des Klinikums. Das arbeits- bzw. vereinsrechtliche Direktionsrecht der Schwesternschaft bleibt unberührt. Weisungen und organisatorische Maßnahmen,
die in das arbeits- bzw. vereinsrechtliche Grundverhältnis zwischen Gestellungspersonal und Schwesternschaft ... eingreifen, insbesondere das arbeits- bzw. vereinsrechtliche Direktionsrecht überschreiten können, nehmen die Parteien dieses Vertrages nur in wechselseitiger Abstimmung vor."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Gestellungsvertrag Bezug genommen. Am 30./31.07.2014 wählten die Mitglieder des Antragstellers einen Betriebsrat bestehend aus 15 Mitgliedern, welche sämtlich Mitglieder des Antragstellers waren. Bei diesem Betriebsrat handelt es sich um den Beteiligten zu 2). Das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Essen (4 BVGa 10/14), mit welchem der Antragsteller versucht hatte, die Wahl zu verhindern, war zuvor ohne Erfolg geblieben. Mit Antrag vom 13.08.2014 focht der Antragsteller die Wahl an. Dieses Verfahren vor dem Arbeitsgericht Essen (2 BV 88/14) ist noch nicht rechtkräftig entschieden, sondern auf den 29.09.2015 zur Anhörung der Beteiligten vor der Kammer terminiert.
Das Mitglied der Antragstellerin Frau W. war ausgebildete Kinderkrankenschwester und wurde in dieser Funktion auf der Station Kinderdialyse im Universitätsklinikum Essen eingesetzt. Mit Schreiben vom 06.11.2014 sowie ergänzend mit E-Mail vom selben Tage hörte der Antragsteller den Beteiligten zu 2) zur Versetzung der Frau W. in den Kindergarten des Universitätsklinikums F. an. Mit Schreiben vom 07.11.2014 verweigerte der...