Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Durch ein anwaltliches Aufforderungsschreiben zur Zahlung kann die Vollstreckungsgebühr erstattbar auch dann entstehen, wenn der Titel noch nicht zugestellt worden ist, sofern er nur bereits mit der Vollstreckungsklausel versehen ist.
Normenkette
BRAGO § 57; ZPO § 788
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Beschluss vom 08.05.1996; Aktenzeichen 7 Ca 4201/95) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Gläubigers wird derBeschluß des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 08.05.1996 abgeändert.
Die von der Schuldnerin an den Gläubiger zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung aus dem vor dem Arbeitsgericht Wuppertal am 23.01.1996 geschlossenen Vergleich werden auf 105,23 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.03.1996 festgesetzt.
Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Beschwerdewert: 105,23 DM.
Gründe
Die Erinnerung des Gläubigers gilt nach nicht Abhilfe durch Rechtspflegerin und Richterin des Arbeitsgerichts und Vorlage an das Landesarbeitsgericht als (sofortige) Beschwerde gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts (vgl. §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1, 2 RPflG; 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Die Beschwerde ist erfolgreich. Die beantragte Zwangsvollstreckungsgebühr ist erstattbar angefallen.
Nach § 57 Abs. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt eine 3/10-Gebühr „für die Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung”. Zu der Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung kann nach mittlerweile ganz herrschender Auffassung auch bereits eine Zahlungsaufforderung an den Schuldner zählen (vgl. Beschwerdekammer in: JurBüro 1988, 740 und JurBüro 1992, 467 – jeweils mit zustimmender Anmerkung von Mümmler; ferner: Beschlüsse vom 13.07.1989 – 7 Ta 238/89 –, 29.01.1990 – 7 Ta 413/89 – und 28.03.1996 – 7 Ta 66/96 –; Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, 12. Aufl., § 57 Rdn. 16; von Eicken in von Eicken/Lappe/Madert, Kostenfestsetzung, 17. Aufl., Rdn. B 603; Göttlich-Mümmler, BRAGO, 18. Aufl., „Zahlungsaufforderung”, unter 3 – jeweils mit weiteren Nachweisen).
Voraussetzung dafür daß der Schulder dem Gläubiger die Gebühr erstatten muß, ist, daß er im Zeitpunkt der Absendung des Aufforderungsschreibens zur Leistung verpflichtet war und er bis dahin genügend Zeit gehabt hatte, freiwillig zu leisten (vgl. Beschluß der Beschwerdekammer vom 13.11.1989 – 7 Ta 391/89 – und Beschwerdekammer in: JurBüro 1992, 467; Gerold/Schmidt-von Eicken, a.a.O., Rdn. 31 m.w.N.). So liegen die Dinge hier. Die Abfindungszahlung war, da das Arbeitsverhältnis nach dem Vergleich bereits am 31.10.1995 geendet hatte, mit Abschluß des Vergleichs (23.01.1996) fällig. Bis zur Abfassung des Aufforderungsschreibens hatte die Schuldnerin nahezu einen Monat Zeit, die Überweisung des Betrages vorzunehmen. Sie durfte insoweit nicht so lange zuwarten, bis ihr Anwalt ihr das Protokoll übersandte, dies um so weniger, als im Termin ein Repräsentant der Beklagten anwesend war.
Weitere Voraussetzung ist, daß der Titel spätestens bei Zugang des Aufforderungsschreibens mit der Vollstreckungsklausel versehen ist. Erst wenn der Titel mit der Klausel versehen ist, kann nämlich angenommen werden, daß das Erkenntnisverfahren in das – vorbereitende – Stadium der Zwangsvollstreckung getreten ist (s. die zitierten Beschlüsse der Beschwerdekammer; ferner: LAG Hamm MDR 1984, 1053 und LAG Frankfurt/Main JurBüro 1986, 1205; Göttlich-Mümmler a.a.O.). Auch diese Voraussetzung liegt vor. Die Vollstreckungsklausel ist am 22.02.1996 erteilt worden. Das mit der Post versandte Aufforderungsschreiben vom selben Tag kann frühestens am folgenden Tag bei der Schuldnerin eingegangen sein.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Schuldnerin kommt es hingegen auf die Zustellung des Titels nicht an. Diese Frage wird zwar kontrovers beurteilt (vgl. die Nachweise bei Göttlich-Mümmler, a.a.O.). Es ist indes allein erforderlich, daß für den Schuldner erkennbar ist, daß die anwaltliche Tätigkeit aus dem Bereich des Erkenntnisverfahrens in das – vorbereitende – Stadium der Zwangsvollstreckung getreten ist. Dies ist indes durch die Erteilung der Vollstreckungsklausel hinreichend dokumentiert. Die hier vertretene Auffassung liegt auch im Interesse des Schuldners. Zu bedenken ist, daß die Aufforderung nur darauf gerichtet ist, dem Schuldner vermeidbare weitere Vollstreckungskosten durch Beauftragung von staatlichen Vollstreckungsorganen zu ersparen (vgl. LAG Hamm a.a.O. und von Eicken in Kostenfestsetzung, a.a.O.). Einer zusätzlichen Zustellung des Titels bedurfte es nach alledem nicht.
Auch in der bisherigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer ist im Falle eines Aufforderungsschreibens die Erstattbarkeit niemals allein im Hinblick auf eine fehlende Zustellung des Titels abgelehnt worden. In der in dem angefochtenen Beschluß zitierten Entscheidung vom 29.01.1990 – 7 Ta 413/89 – wie in den oben zitierten weiteren Entscheidungen fehlte es bereits an der Erteilung der Vollstreckungsklausel. In dem in JurBüro 1992, 467 abgedruckten Beschluß ist zwar die fehlende Zustellung des Titels erw...