Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Betriebsrat steht bei kurzfristigen Versetzungsmaßnahmen, die der Arbeitgeber ohne Beachtung seiner Beteiligungsrechte durchführt, ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu.

2. Änderungen des Arbeitsbereichs eines Arbeitnehmers, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat nicht überschreiten, sind nur dann eine Versetzung im Sinne des BetrVG, wenn sich auch die äußeren Umstände, unter denen die – ohnehin schon andere – Arbeit zu verrichten ist, erheblich ändern. Bei der Beurteilung, ob sich die äußeren Umstände erheblich ändern, ist darauf abzustellen, welche äußeren Umstände für die Tätigkeit prägend sind.

3. Arbeiten Angestellte einer Luftfahrtgesellschaft im Wesentlichen auf dem Vorfeld eines Flughafens, stellt die Übertragung (kurzfristiger) Vertretungsausfgaben im Innendienst eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 1 2. Alt. BetrVG dar.

 

Normenkette

BetrVG § 95 Abs. 3 S. 1, § 23 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 05.09.2007; Aktenzeichen 4 BV 32/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 23.06.2009; Aktenzeichen 1 ABR 23/08)

 

Tenor

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.09.2007 – 4 BV 32/07 – wird teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, ohne vorherige – erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte – Zustimmung des Antragstellers, Mitarbeiter aus der Jobgruppe Professional Operations 1 als Allrounder Operations 2 einzusetzen, sofern nicht die Maßnahme aus sachlichen Gründen im Sinne von § 100 BetrVG dringend erforderlich ist, auch wenn der Einsatz die Dauer von einem Monat voraussichtlich nicht überschreitet.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.000,00 EUR angedroht.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligte zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin bei kurzfristigen personellen Maßnahmen, die der antragstellende Betriebsrat als Versetzungen ansieht, das Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG zu beachten hat.

Die Arbeitgeberin (Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) ist eine Fluggesellschaft, der antragstellende Betriebsrat der für den Betrieb der Arbeitgeberin am Flughafen in Düsseldorf gebildete Betriebsrat.

Nach § 4 des für das Unternehmen der Arbeitgeberin ab 01.12.2005 geltenden Tarifvertrages „Vergütungssystem Boden DLH” erfolgt die Eingruppierung tätigkeitsbezogen nach den Vergütungsgruppen A bis H sowie N 1 und N 2.

Die Gruppe C erfasst u. a. „Professional Operations 1” und „Professional Service 1”. Die allgemeine Tätigkeitsbeschreibung für diese Gruppe lautet nach dem Tarifvertrag:

„Mitarbeiter, die Tätigkeiten ausführen, für die eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Berufsbild erforderlich ist oder Mitarbeiter, die Tätigkeiten ausführen, für die ein allgemeinbildender höherer Schulabschluss und eine Lufthansaspezifische Ausbildung erforderlich sind, ohne dass das Aufgabengebiet besondere Anforderungen (z. B. hinsichtlich Umfang, Schwierigkeit oder Verantwortung) enthält.”

Die Gruppe E erfasst u. a. „Allrounder Service 1”. Die allgemeine Tätigkeitsbeschreibung für diese Gruppe lautet nach dem Tarifvertrag:

„Mitarbeiter, denen aufgrund einer formalen Zusatzausbildung oder Spezialisierung und entsprechender Erfahrung ein Aufgabengebiet zur selbstständigen Bearbeitung übertragen worden ist, das in einem definierten Umfang Entscheidungsbefugnis enthält.”

Die Gruppe F erfasst u. a. „Allrounder Operations 2” und „Allrounder Service 2”. Die allgemeine Tätigkeitsbeschreibung für diese Gruppe lautet nach dem Tarifvertrag:

„Mitarbeiter, deren vielfältigere Aufgaben langjährige Erfahrung und nochmals erweiterte Fachkenntnisse erfordern und die die Verantwortung für damit zusammenhängende fachliche Entscheidungs- und Dispositionsbefugnisse wahrnehmen.”

Die Arbeitgeberin setzt im Bereich Flugzeugabfertigung pro Schicht im Allgemeinen sechs „Professional Operations 1” und einen „Allrounder Operations 2” ein. Von der Gruppe der Professionals arbeiten regelmäßig entweder eine Person, meistens aber zwei Personen im Innendienst, während die übrigen Professionals auf dem Vorfeld mit der Abfertigung von Flugzeugen befasst sind. Der Einsatz im Innendienst einerseits und auf dem Vorfeld andererseits wechselt unter den Professionals. Der Allrounder arbeitet im Innendienst und erledigt gelegentlich Überwachungsaufgaben auf dem Vorfeld. Falls erforderlich, erledigt er auch Aufgaben von Professionals. Er ist gegenüber den Professionals weisungsbefugt.

Im Falle betrieblicher Notwendigkeit, insbesondere bei urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit des „Allrounder Operations 2”, ordnet die Arbeitgeberin an, dass dieser durch einen Professional vertreten wird. Bei der Vertretung fallen im Wesentlichen folgende Aufgaben an: Überwachung der Leistungen aller Abfertigungsgesellschaften, Mitarbeiterdispositionen der Schicht, Erstellen der Schichtberichte, Eingre...

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