keine_Zulassung
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiges Teilurteil bei subjektiver Klagehäufung
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der (Leih-)Arbeitnehmer im Wege der subjektiven Klagehäufung sowohl gegenüber dem Vertragsarbeitgeber als auch gegenüber dem (vermeintlichen) Fiktionsarbeitgeber das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend, bedarf es der Bestimmung des prozessualen Rangverhältnisses [Anschluss an BAG, Urteil vom 24.06.2004, 2 AZR 215/03, AP Nr. 278 zu § 613 a BGB].
2. Ergibt sich aus der vom Arbeitnehmer ausdrücklich getroffenen oder der Klagebegründung zu entnehmenden Festlegung die Prüfungsreihenfolge, ist es unzulässig, durch Teilurteil über die Klage gegen jenen Beklagten zu befinden, der vom Arbeitnehmer in zweiter Linie als Arbeitgeber in Anspruch genommen wird.
Normenkette
AÜG §§ 9-10; BGB § 613a; ZPO §§ 61, 260, 301, 524
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 Ca 7835/04) |
Tenor
Die Kosten des Berufungsrechtszugs tragen der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 1) zu 3/4.
Tatbestand
A. Der Kläger war gemäß Arbeitsvertrag vom 01.04.2004 als Metallschleifer bei der Beklagten zu 1) beschäftigt. Er war bei der Beklagten zu 2) eingesetzt.
Im Oktober 2004 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf gegen die Beklagte zu 1) Kündigungsschutz- und Lohnklage erhoben; Anfang März 2005 hat er einen klageerweiternden Schriftsatz gegen die Beklagte zu 2) eingereicht und auch ihr gegenüber das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses (gemäß § 10 Abs. 1 AÜG) geltend gemacht sowie sie auf Lohnzahlung (gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) in Anspruch genommen.
Durch Teilurteil vom 10.03.2005 hat das Arbeitsgericht über die Klage gegen die Beklagte zu 1) entschieden und ihr im wesentlichen stattgegeben.
Die Beklagte zu 1) hat gegen das Teilurteil Berufung eingelegt, diese nicht fristgerecht bis zum 23.05.2005, sondern – verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung – erst am 07.06.2005 begründet. Sie hält ihrer Verurteilung u.a. entgegen, dass nach eigenem Vortrag des Klägers der Arbeitsvertrag vom 01.04.2004 wegen unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam und daher nicht sie, die Beklagte zu 1), sondern nach § 10 Abs. 1 AÜG die Beklagte zu 2) Arbeitgeberin gewesen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 21.04.2005 zugestellte Teilurteil am 25.04.2005 „Anschlussberufung” eingelegt und diese am 21.06.2005 begründet. Er hält das Teilurteil für unzulässig, weil – so meint er – das Arbeitsgericht einheitlich gegenüber beiden Beklagten über die Frage hätte entscheiden müssen, ob eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen habe und wer der richtige Arbeitgeber sei. Der Kläger beantragt die Zurückverweisung, hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zu 2).
In der Verhandlung vor der Kammer haben der Kläger und die Beklagte zu 1) die eingelegten Rechtsmittel zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
B. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu 1) zu ¾ zu tragen, § 92 Abs. 1, § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO (§ 64 Abs. 6 ArbGG).
Diese Kostenverteilung resultiert aus den beiderseitigen Berufungsrücknahmen (Zöller/Gummer/ Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 516 Rz. 24). Dabei kann die Kammer offen lassen, ob in der „Anschlussberufung” des Klägers eine solche nach § 524 ZPO oder eine selbständig eingelegte Berufung zu sehen ist (vgl. BGH vom 30.04.2003, NJW 2003, 2388).
I. Handelte es sich bei der „Anschlussberufung” des Klägers um eine selbständig eingelegte Berufung, hat der Kläger die Kosten seiner Berufung deshalb zu tragen, weil er sie zurückgenommen hat. Die Beklagte zu 1) hat die Kosten der von ihr zurückgenommenen Berufung zu tragen. Das gilt selbst dann, wenn die evtl. wegen Fristversäumung unzulässige Berufung eine (zulässige) Anschlussberufung darstellte (OLG Frankfurt vom 13.01.2003, OLGR Frankfurt 2003, 163).
II. War die „Anschlussberufung” des Klägers eine solche nach § 524 ZPO, fallen zwar gemäß § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO die Kosten der Anschließung grundsätzlich dem Berufungskläger zur Last, wenn durch die Rücknahme seiner Berufung die (zulässige) Anschlussberufung ihre Wirkung verliert. Ausnahmsweise hat jedoch der Anschlussberufungskläger die Kosten seiner Anschlussberufung zu tragen, wenn diese unzulässig war (BGH vom 26.01.2005, NJW-RR 2005, 727) oder er sie in freier Entschließung zurückgenommen hat (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 516 Rz. 17). So liegen die Dinge im Streitfall: (1) Die Anschlussberufung ist unzulässig gewesen. (2) Auch hat der Kläger sie zurückgenommen, ohne dazu von der Beklagten zu 1) veranlasst worden zu sein.
1. Dem Befund, dass die Anschlussberufung des Klägers unzulässig war, steht nicht entgegen, dass – von der Anschlussberufung gerügt – ein unzulässiges Teilurteil ergangen ist.
a) Sind nach materiellem Recht oder den Gesetzen der Logik die prozessualen Ansprüche gegen zwei Beklagte im Sinne eines „entweder – oder” verschränkt, entstünde die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, wenn durch Teilurteil die Klage gegen einen Beklagten zugesproc...