Rechtsbeschwerde
Entscheidungsstichwort (Thema)
Recht auf Einsicht in die Wahlakten
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsrat ist jedenfalls dann, wenn die Betriebsratswahl nicht mehr angefochten werden kann und Anspruchsteller (Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft) keine objektiven Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der Wahl geltend machen können, nicht verpflichtet, Anspruchstellern Einsicht in die von ihm verwahrten Wahlakten zu gewähren.
Normenkette
WO § 20
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3. wird derBeschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom19.05.2004 teilweise abgeändert und der Hilfsantrag der Beteiligten zu 1. und 2. zurückgewiesen. Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beteiligte zu 3) verpflichtet ist, den Beteiligten zu 1) und 2) Einsicht in die von ihm verwahrten Wahlakten zu gewähren.
Der Beteiligte zu 3) ist der am 24.04.2004 im Betrieb der Arbeitgeberinnen (Beteiligte zu 1 und zu 2) gewählte Betriebsrat. Die Betriebsratswahl wurde nicht angefochten. Der Wahlvorstand hatte nach Abstimmung mit dem Personalleiter der Beteiligten zu 1) und 2) mehr als 30 Mitarbeitern den leitenden Angestellten zugeordnet und die danach erstellte Wählerliste ausgehängt. Nach der Wahl übergab er die Wahlakten dem Beteiligten zu 3) zur Aufbewahrung.
Geraume Zeit später baten die Beteiligten zu 1) und 2) den Beteiligten zu 3) darum, ihnen zwecks Überprüfung der bei der Betriebsratswahl als leitende Angestellte geführten Mitarbeiter Einsicht in die Wahlunterlagen zu gewähren. Nachdem der Beteiligte zu 3) dies ablehnte, haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit dem im Dezember 2003 beim Arbeitsgericht Solingen eingeleiteten Beschlussverfahren beantragt,
- den Beteiligten zu 3) zu verpflichten, den Beteiligten zu 1) und 2) Einsicht in die Wahlakten zur Betriebsratswahl vom 24. April 2002, welche der Beteiligte zu 3) gemäß der Vorschrift des § 19 WO 2001 aufbewahrt, zu gewähren;
- – hilfsweise – den Beteiligten zu 3) zu verpflichten, den Beteiligten zu 1) und 2) Einsicht in die vorhandenen beiden Ordner zur Betriebsratswahl vom 24. April 2002 zu gewähren, bestehend zum einen aus sämtlichen Stimmzetteln, zum anderen aus den Unterlagen des Wahlvorstandes, namentlich den Protokollen, den Wählerlisten samt Entwürfen, dem Wahlausschreiben, der Korrespondenz des Wahlvorstandes, den Briefwahlunterlagen, den persönlichen Erklärungen der Briefwähler, der Benachrichtigung an die gewählten Betriebsräte, der Wahlniederschrift, den Bekanntmachungen und Informationen an die Belegschaft, den Unterlagen zur konstituierenden Sitzung.
Sie wollen durch die Einsichtnahme in die Wahlakten auch die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratswahl umfassend überprüfen.
Der Beteiligte zu 3) hält sich nicht für verpflichtet, den Beteiligten zu 1) und 2) Einsicht in die Wahlunterlagen zu gewähren.
Durch Beschluss vom 19.05.2004 hat das Arbeitsgericht den Antrag zu 1) zurückgewiesen und dem Antrag zu 2) stattgegeben. Mit der Beschwerde und Anschlussbeschwerde greifen die Beteiligten den Beschluss im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens an.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
II. Der Beteiligte zu 3) ist nicht verpflichtet, den Beteiligten zu 1) und 2) Einsicht in die Wahlakten zu gewähren. Daher ist auf die Beschwerde des Betriebsrats unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses der Antrag zu 2) der Beteiligten zu 1) und 2) zurückzuweisen. Die Anschlussbeschwerde, mit der die Beteiligten zu 1) und 2) ihren (Haupt-)Antrag zu 1) weiterverfolgen, ist unbegründet; das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht diesen Antrag zurückgewiesen.
1. Die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde sind zulässig. Sie sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Im Besonderen hat der Beteiligte zu 3) seine Beschwerde ordnungsgemäß innerhalb der bis zum 20.08.2004 verlängerten Begründungsfrist begründet. Dass das Gericht die nach § 90 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorgeschriebene amtswegige Zustellung der Begründungsschrift versäumt hat, macht das Rechtsmittel nicht unzulässig.
2. Der Antrag zu 1) der Beteiligten zu 1) und 2) ist hinreichend bestimmt und daher zulässig. Unter „Wahlakte” sind alle Unterlagen und Aufzeichnungen, seien sie vom Wahlvorstand selbst gefertigt oder ihm zugegangen, zu verstehen, die der Wahlvorstand in Bezug auf die Betriebsratswahl bei deren Vorbereitung und Durchführung gesammelt hat. Damit ist der Gegenstand der Einsichtnahme hinreichend bestimmt. Insoweit gilt nichts anderes als bei dem Recht des Arbeitnehmers nach § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen.
3. Den Beteiligten zu 1) und 2) steht nicht das reklamierte Einsicht...