Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Erwerbstätigenfreibetrag bei Krankengeldbezug
Leitsatz (amtlich)
1. Der Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziffer 1 b ZPO ist auch zu berücksichtigen, wenn Krankengeld dem Antragsteller im bestehenden Arbeitsverhältnis anstelle von Arbeitsentgelt gezahlt wird, § 44 Abs. 1 SGB V (vgl. BAG v. 22.04.2009 – 3 AZB 90/08).
2. Der Freibetrag ist bei Erhalt von Krankengeld i.d.R. dann nicht mehr in Abzug zu bringen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet und ein neues nicht begründet worden ist.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. b
Verfahrensgang
ArbG Essen (Beschluss vom 26.08.2009; Aktenzeichen 3 Ca 2020/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 26.08.2009 wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens bezüglich einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 22.05.2009. Im Wege eines Prozessvergleichs vom 03.08.2009 wurde eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund fristgerechter betriebsbedingter Kündigung der Beklagten zum 30.06.2009 vereinbart. Der Kläger bezieht seit dem 23.05.2009 durchgehend Krankengeld. Ein neues Arbeitsverhältnis besteht nicht.
Dem Kläger ist durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 26.08.2009 Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung bei Zahlung monatlicher Raten aus dem Einkommen des Klägers von 30,– EUR bewilligt worden. Im Hinblick auf den laufenden Krankengeldbezug hat das Arbeitsgericht es abgelehnt, von den Einkünften des Klägers zusätzlich einen Abzug wegen des Erwerbstätigenfreibetrages in Höhe von 180,– EUR gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 b ZPO vorzunehmen. Hiergegen richtet sich im Wesentlichen die sofortige Beschwerde des Klägers.
Entscheidungsgründe
II. Die gem. §§ 46 Abs. 2 S. 3 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Zu Recht ist das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung von einem monatlich einzusetzenden Einkommen des Klägers in Höhe von 89,40 EUR ausgegangen und hat demgemäß eine aus den Einkünften des Klägers zu zahlende monatliche Rate von 30,– EUR festgesetzt, Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO.
Das Arbeitsgericht hat von dem monatlichen Krankengeld von 1.029,60 EUR zutreffend den allgemeinen Freibetrag von 395,– EUR gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 a ZPO sowie die monatlichen Wohnkosten mit 436,45 EUR, die Darlehensrate mit 100,– EUR sowie den Beitrag an den Zentralverband der Krankengymnasten in Höhe von monatlich 8,75 EUR in Abzug gebracht, § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 a, 3 u. 4 ZPO. Soweit der Kläger mit der Beschwerde geltend gemacht hat, es seien die Voraussetzungen für die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe gegeben, vermochte dem nicht beigetreten zu werden.
1. Für eine Berücksichtigung der vom Kläger angeführten monatlichen Versicherungsbeiträge in Höhe von 24,28 EUR bestand kein Raum.
Erstmals mit der Beschwerde hat der Kläger monatliche Versicherungsbeiträge von 24,28 EUR geltend gemacht. Diese sind von ihm jedoch weder im Einzelnen dargetan und aufgeschlüsselt noch durch Vorlage geeigneter Belege entsprechend glaubhaft gemacht. Die Bescheinigung der HDI Essen vom 10.09.2009 ist insoweit aussagelos (Bl. 37 PKH-Beiheft).
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde bestand für eine Berücksichtigung des Erwerbstätigenfreibetrages gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 b ZPO kein gesetzlich gerechtfertigter Anlass.
Zwar kommt nach zutreffender, insoweit differenzierender Ansicht ein Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages bei Krankengeldbezug auch dann in Betracht, wenn das Krankengeld dem Versicherten anstelle von Arbeitsentgelt gezahlt wird, §§ 44 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, mithin im bestehenden Arbeitsverhältnis als Erwerbseinkommen zu betrachten ist. Besteht ein Arbeitsverhältnis hingegen nicht bzw. nicht mehr, so ist dieses nicht als ein den Freibetrag rechtfertigendes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen (vgl. BAG v. 22.04.2009 – 3 AZB 90/08, juris).
Der Kläger bezieht vorliegend aufgrund Krankengeldbescheides der Techniker Krankenkasse vom 24.07.2009 seit dem 23.05.2009 Krankengeld. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete gemäß Prozessvergleich vom 03.08.2009 aufgrund fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung der Beklagten zum 30.06.2009 und war bis dahin abzuwickeln. Seither befindet sich der Kläger nicht mehr in einer Situation, welche das Krankengeld als Erwerbseinkommen betrachten ließe.
Sinn und Zweck des Erwerbstätigenfreibetrages ist es, pauschaliert die erhöhten Aufwendungen auszugleichen, die einem aktiv im Arbeitsleben stehenden Arbeitnehmer entstehen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 21.03.2006 – 2 Ta 25/06). Hierbei geht es nicht um konkrete Kosten, da diese ohnehin als die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben i.S. von § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 a ZPO i.V. mit § 82 Ab...