Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Änderung der Vergütungsordnung. Mitbestimmung des Betriebsrates bei Änderung der Vergütungsordnung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber muss nicht nur dann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates beachten, wenn er das ursprüngliche Vergütungsschema ändert, sondern auch dann, wenn er eine Vergütungsordnung durch eine neue Vergütungsordnung ersetzt oder ersatzlos nicht mehr anwenden will (LAG Düsseldorf vom 03.11.2008 - 14 TaBV 151/08 - LAGE § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 3).
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.03.2011; Aktenzeichen 1 BV 64/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.03.2011 - 1 BV 64/10 - teilweise abgeändert:
1.
Es wird festgestellt, dass dem Betriebsrat bei der Änderung der Vergütungsregelungen im Zusammenhang mit den Standardarbeitsverträgen von Januar 2009 und der Gesamtzusage vom 29.01.2009 ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zusteht.
2.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligten zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) beschäftigt derzeit ca. 300 Arbeitnehmer. Der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der am Standort F. mit ca. 90 Arbeitnehmern gebildete Betriebsrat. Die Arbeitnehmer am Standort F. unterlagen aufgrund eines Betriebsteilübergangs verschiedenen Arbeitsverträgen mit insbesondere unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten (35, 39 und 40 Stunden). Da die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Hessischen Metallindustrie war, enthielten die Arbeitsverträge teilweise eine Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie.
Die Arbeitgeberin beabsichtigte, mit den Mitarbeitern, deren Arbeitsverträge eine Bezugnahme auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie enthielten, neue Standardarbeitsverträge abzuschließen. Nach einer Mitgliederversammlung informierte die Arbeitgeberin die Arbeitnehmer nochmals schriftlich über die neuen Verträge und ihre Folgen.
In einem Informationsschreiben der Personalabteilung (Bl. 14 d.A.) heißt es u.a.:
"Die I. GmbH wird die bisher gewährten Zuschläge für Mehrarbeit, den bisher gewährten Kündigungsschutz für Mitarbeiter über 55, die bisher gewährten Sonderurlaube und die bisher gewährten Arbeitgeberzuschüsse zur VWL als Gesamtzusage weitergewähren.
...
Grundsätzlich ist es unserer Absicht, dass nur die Mitarbeiter an zukünftigen Gehaltserhöhungsrunden teilnehmen sollen, die den neuen Standardarbeitsvertrag unterschrieben haben. Das Budget für zukünftige Gehaltserhöhungen wird sich immer an der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens orientieren. Diese wird beeinflusst u. a. von Preisindexierung, Installation, Kosten versus Umsatz, Marktentwicklungen. Die Geschäftsleitung plant, eine Verteilung grundsätzlich auf Basis eines noch einzuführenden Leistungsbeurteilungssystems vorzunehmen. Hierzu liegt dem Gesamtbetriebsrat bereits ein entsprechender Betriebsvereinbarungsentwurf vor. Für das Jahr 2009 haben wir hierzu bereits ein Budget von 3 % eingeplant.
..."
Anfang 2009 (Bl. 13 d.A. Anl. 1) bot die Arbeitgeberin den Arbeitnehmern mit einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag den neuen "Standardarbeitsvertrag" mit Wirkung zum 01.01.2009 an. Davon ausgenommen wurden die den Unternehmen X. und C.&T. entstammenden Mitarbeiter, da der Bereich veräußert werden sollte. Dies ist 2009 geschehen und die Mitarbeiter verließen das Unternehmen.
Die wöchentliche tarifvertragliche Arbeitszeit in der Hessischen Metallindustrie betrug 35 Wochenstunden. Die Arbeitszeit der von der Arbeitgeberin als "AT-Mitarbeiter" bezeichneten Personen betrug 40 Stunden. Die bisherige Entlohnung erfolgte entsprechend den hessischen Lohn- und Gehaltstarifverträgen für Arbeiter nach Lohngruppen und Angestellte nach Entgeltgruppen und Lebensaltersstufen. Der Mitarbeiter erhielt eine Leistungszulage zwischen 10 - 25 %, einen Kontoführungszuschuss, eine freiwillige ("übertarifliche") Zulage, einschließlich eines Essenszuschusses, einen Arbeitgeberzuschuss zu vermögensbildenden Maßnahmen und, soweit der Mitarbeiter einen Dienstwagen hatte, die Berechnung des geldwerten Vorteiles.
Die neuen Standardarbeitsverträge (Beispiel 1 c Bl. 362 d. A.) enthalten keine Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie und sehen für Mitarbeiter mit einer bisherigen Wochenarbeitszeit von 35 eine Erhöhung auf 39 Stunden und für die "AT - Mitarbeiter" weiterhin eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vor. Als Arbeitsentgelt erhalten die Mitarbeiter ein Bruttomonatsgehalt in Höhe des bisherigen Gesamtgehalts unter Einschluss der bisherigen tariflichen Leistungs- und freiwilligen Zulage.
In dem Begleitschreiben zum neuen Arbeitsvertrag (BG 1 Bl. 288 d.A.)...