Entscheidungsstichwort (Thema)
Effektivklausel, begrenzte. Betriebsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Eine durch Betriebsvereinbarung vereinbarte begrenzte Effektivklausel ist nicht von vornherein unzulässig und unwirksam (im Anschluss an BAG, Urteil vom 09.12.1997 – 1 AZR 319/97).
Der Gesamtbetriebsrat ist zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung auch zuständig, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder jedenfalls betriebsübergreifende Regelung besteht, etwa aus dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit.
Normenkette
BetrVG §§ 77, 50 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Urteil vom 22.06.2004; Aktenzeichen 4 Ca 847/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 22.06.2004 – 4 Ca 847/04 – abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.064,34 EUR brutto nebst 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar hinsichtlich eines Betrages von 354,78 EUR seit dem 19.03.2004 und hinsichtlich eines Betrages von 709,56 EUR brutto seit dem 03.12.2004.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, entsprechend der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.06.1989 für die Dauer von deren Wirksamkeit Tariferhöhungen, die sich aus dem jeweiligen Gehaltsabkommen für den Groß- und Außenhandel NRW ergeben, rückwirkend für das jeweilige Jahr ab 01. Januar in vollem Umfange weiterzugeben, und zwar durch Erhöhung des Effektivgehalts des Klägers, bestehend aus Grundgehalt und übertariflicher Zulage.
Im Übrigen wird der Kläger mit der Klage abgewiesen und wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz werden dem Kläger zu 16/30 und der Beklagten zu 14/30 auferlegt.
Die Kosten des Rechtsstreits II. Instanz werden dem Kläger zu 25/39 und der Beklagten zu 14/39 auferlegt.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Im Übrigen wird der Kläger mit der Klage abgewiesen und wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die jeweiligen Gehaltstariferhöhungen nach den Tarifverträgen des Groß- und Außenhandels NRW in voller Höhe weiterzugeben oder ob sie berechtigt ist, diese auf übertarifliche Gehaltsbestandteile ganz oder teilweise anzurechnen.
Der Kläger ist seit dem 01.04.1991 bei der Beklagten beschäftigt, verheiratet und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Die monatliche Vergütung beträgt 3.449,09 EUR.
In den Jahren 1988 und 1989 war bei der Beklagten eine Einigungsstelle eingerichtet, die über die Struktur von übertariflichen Zulagen verhandelte. Um dieses Verfahren zu erledigen, einigten sich Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber am 28.06.1989, und zwar ausweislich eines hierüber angefertigten Protokolls (Bl. 33 f d. A.), wie folgt:
„Protokoll
über das Verfahren zur Beilegung des laufenden Einigungsstellenverfahrens Gehälter
Gesamtbetriebsrat und Geschäftsleitung haben sich über folgende Punkte geeinigt:
- Mit Zahlung des Juligehaltes 1989 erfolgt eine Einmalzahlung in Höhe von DM 700,– brutto.
- Ab 01.01.1990 erfolgt die Tariferhöhung rückwirkend ab 1. Januar auf das Effektivgehalt (Grundgehalt u übertarifl. Zulagen).
- Betriebsvereinbarung Weihnachtsgeld s. Anlage
- O. a. Vereinbarung gilt nicht für GVL's, NL-Leiter und BL.
- Das laufende Einigungsstellenverfahren wird von beiden Seiten als beendet erklärt.”
In den folgenden Jahren wurde entsprechend verfahren, wobei die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass in den Jahren 2000 und 2001 sogar die Überstunden berücksichtigt wurden und im Jahre 2002 für die Zeit von Januar bis Juli bis zur Tariferhöhung im August eine Einmalzahlung gewährt wurde.
Erstmals im Jahre 2003 teilte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 31.07.2003 mit, dass die Tariferhöhung vom 01.07. bzw. 01.08.2003 nicht weitergegeben werde, sondern – soweit möglich – mit übertariflichen Zulagen verrechnet werde.
Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 15.03.2004 beim Arbeitsgericht anhängig gemachte Klage, wobei der Kläger die fällig gewordenen Differenzbeträge ab Januar 2004 geltend macht und im Übrigen eine entsprechende Feststellung begehrt.
Eventuelle Ansprüche für 2003 sind nach den tarifvertraglichen Ausschlussfristen verfallen.
Der Kläger hat behauptet,
das oben zitierte Protokoll sei seinerzeit am Schwarzen Brett ausgehängt worden. Gleichzeitig sei diese für die Zukunft vereinbarte Regelung auf einer Betriebsversammlung bekannt gemacht worden.
Er hat die Auffassung vertreten,
über die Gesamtbetriebsratsvereinbarung hinaus habe sich die Beklagte auch in Form einer Gesamtzusage binden wollen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Tariferhöhungen (Gehaltsabkommen für den Groß- und Außenhandel NRW) auf das Effektivgehalt (Grundgehalt und übertarifliche Zulagen) weiterzugeben,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 354,78 EUR (Januar bis März 2004) brutto nebst 5 % Zinsen seit dem 19.03.2004 zu zahlen.
Die Bekl...