Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung einer Betriebsrente. Gleichbehandlungsgrundsatz. Bochumer Verband
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Verpflichtung zur nachträglichen Anpassung von Betriebsrenten wird durch die Streit beendende Wirkung einer früheren, nicht gerügten Anpassungsentscheidung begrenzt.
2. Der Anpassungsanspruch des Betriebsrentners besteht während des Dreijahreszeitraums des § 16 BetrAVG und geht dann unter, ohne dass es dazu weiterer tatbestandlicher Voraussetzungen als des Eintritts des kalendermäßig bestimmten Endtermins bedarf. Dem Ablauf der Dreijahresfrist kommt Streit beendende Wirkung insoweit zu, als dass der Anspruch auf Korrektur der Ermessensentscheidung (§ 315 Abs. 2 S. 3 BGB) nur innerhalb dieses Zeitraums erhoben werden kann.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1; BGB § 315 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen 3 Ca 3229/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Essen vom20.07.2006 – 3 Ca 3229/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger einen restlichen Betriebsrentenbetrag zu zahlen.
Der Kläger bezieht als ehemaliger außertariflicher Angestellter der Beklagten ein ihm zugesagtes Ruhegeld nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. § 20 der seit dem 01.01.1985 maßgeblichen Leistungsordnung (LO 1985) bestimmt zur Anpassung der laufenden Ruhegelder:
„Anpassung der laufenden Leistungen
Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst.”
Der Bochumer Verband bündelt die Anpassungsprüfung dreijährig. Er fasste für seine Mitgliedsunternehmen mit Wirkung ab dem 01.01.1997 einen zweigeteilten Anpassungsbeschluss, der für die Unternehmen des Bergbaus einschließlich der mit diesem Bereich verbundenen Organisationen eine Betriebsrentenerhöhung von 2 % und für die übrigen Mitglieder von 4 % festlegte. Mit Wirkung zum 01.01.2000 wurde dann beschlossen, die Betriebsrenten für die zum Bergbau gerechneten Unternehmen um 1,2 % und für die übrigen Mitglieder um 3,44 % anzupassen. Diese Anpassungsentscheidungen rügten der Verband der Führungskräfte e.V. (VDF) und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) jeweils in dem Zeitraum bis zum nächsten Anpassungsstichtag. Der Kläger war nicht Mitglied einer dieser Organisationen.
Der Kläger bezog seit dem 01.01.1994 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 6.832,10 DM brutto. Da die Beklagte zu den Unternehmen des Bergbaus zählte, erhöhte sie das Ruhegeld mit Wirkung zum 01.01.1997 um 2,0 % auf 6.968,70 DM brutto und zum 01.01.2000 um 1,2 % auf 7.052,30 DM (3.605,78 EUR) brutto. Die Preissteigerungsrate zum 01.01.1997 betrug 5,6 % und zum 01.01.2000 3,44 %.
Aufgrund eines Beschlusses des Bochumer Verbandes passte die Beklagte die Betriebsrente dann zum 01.01.2003 in Höhe von 6,5 % an. Die Teuerungsrate belief sich auf 5,5 %. Die Erhöhung um den weiteren Prozentpunkt wurde damit begründet, dass der Kläger zu den von der Anpassung um 1,2 % zum 01.01.2000 betroffenen Betriebsrentnern gehöre. Die Beklagte erhöhte die Betriebsrente des Klägers später rückwirkend zum 01.01.2003 noch um einen zusätzlichen Prozentpunkt. Der Kläger bezog danach ab dem 01.01.2003 eine Betriebsrente von insgesamt 3.876,30 EUR brutto. Die weitere Anpassung zum 01.01.2006 erfolgte in Höhe des Teuerungsausgleichs von 5,38 %.
Nachdem das Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 27.08.2004 – 3 AZR 367/03 – (AP Nr. 55 zu § 16 BetrAVG) zur Anpassung 1997 entschieden hatte, dass die Rüge des VDF zugunsten seiner Mitglieder wirke und damit ein Erlöschen des Anpassungsanspruchs nicht eintrete, nahm eine große Zahl von Betriebsrentnern die Beklagte auf nachträgliche Anpassung ihrer Betriebsrente zum 01.01.1997 und 01.01.2000 in Höhe der Preissteigerungsrate in Anspruch. Die Beklagte gewährte zuletzt diese Erhöhungen ohne Nachweis der Mitgliedschaft im VDF oder in der IG BCE, wenn der betreffende Betriebsrentner seine Forderungen bis Ende des Jahres 2005 außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht hatte. Dies geschah in der Erwartung, dadurch eine erneute Klagewelle, die beim Arbeitsgericht Essen begonnen hatte, zu beenden. Ab dem 01.01.2006 gewährte die Beklagte nachträgliche Anpassungen zum 01.01.1997 und 01.01.2000 nur noch bei Nachweis einer Verbandsmitgliedschaft des Betriebsrentners zu den Rügezeitpunkten.
Nach einem Gespräch zwischen Vertretern des Bochumer Verbandes und des VDF am 23.05.2006 entschloss sich die Beklagte, die hier in Rede stehenden Anpassungen bei entsprechender Geltendmachung auch Hinterbliebenen von Arbeitnehmern zu gewähren, die bis zu ihrem Tod dem VDF angehört hatten. Dies sollte auch für die Fälle gelten, in denen der Tod des Arbeitnehmers vor den Rü...