Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösungsantrag. Wahlrecht. Umdeutung
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Arbeitgeber eine außerordentliche und hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen und sind beide Kündigungen nach § 626 BGB bzw. § 1 KSchG unwirksam, steht dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zu, auf welche Kündigung er den Auflösungsantrag beziehen will.
2. Zur Frage, ob sich ein Wahlrecht auch aufgrund Umdeutung der unwirksamen außerordentlichen in eine unwirksame ordentliche Kündigung ergeben kann (vgl. BAG, Urteil vom 26.08.1993, 2 AZR 159/93, AP Nr. 113 zu § 626 BGB).
Normenkette
KSchG §§ 9, 13; BGB § 140
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Urteil vom 30.08.2007; Aktenzeichen 4 Ca 647/07) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 30.08.2007 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung der Beklagten vom 28.02.2007, über den Gehaltsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 09.02. bis 30.04.2007, darüber, ob die von der Klägerin beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2007 oder zum 31.08.2007, dem ordentlichen Kündigungstermin, wirkt, sowie über die Höhe der vom Arbeitsgericht zuerkannten Abfindung (9 Gehälter).
Die am 02.02.1967 geborene Klägerin trat gemäß Anstellungsvertrag vom 14.09.1988 am 01.10.1988 als kaufmännische Angestellte in die Dienste der Beklagten, einem Großhandelsunternehmen für Bäckereien, Konditoreien und die Gastronomie mit in der Regel mehr als 10 Beschäftigten. Mit Schreiben vom 22.08.1989 gruppierte die Beklagte sie in Gehaltsgruppe IV des Gehaltsrahmenabkommens des Groß- und Außenhandels NRW ein.
In der Zeit vom 29.06.2001 bis 08.02.2007 nahm die Klägerin, die als Einkaufssachbearbeiterin im Bereich Gastronomie eingesetzt war, Elternzeit in Anspruch. Unter dem „31.Juni 2001” hatte die Beklagte ein Zwischenzeugnis ausgestellt.
Im August 2006 äußerte die Klägerin den Wunsch nach einer Teilzeittätigkeit, den sie mit Schreiben vom 06.02.2007 zurückzog. Die Beklagte sprach im Oktober 2006 eine Kündigung aus, die gemäß Prozessvergleich vom 08.12.2006 hinfällig wurde. Mit Schreiben vom 08.02.2007 (Bl. 18 GA) lehnte die Beklagte mit der Begründung, sich betriebsorganisatorisch auf den (zu unbestimmt gewesenen) Teilzeitantrag der Klägerin eingerichtet zu haben, die Wiederbeschäftigung der Klägerin in Vollzeit vorläufig ab. Mit Schreiben vom 21.02.2007 wies sie ihr ab dem 26.02.2007 eine Vollzeittätigkeit „in der kfm. Warenausgangsprüfung, mit Bestell- und Kommissionierscheinkontrolle” zu. Am 26.02. und 27.02.2007 verrichtete die Klägerin diese Tätigkeit. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.02.2007 lehnte sie die Tätigkeit, weil „bislang von einem gewerblichen Lagerarbeiter ausgeführt”, als nicht vertragsgerecht ab. Die Beklagte sprach daraufhin am 28.02.2007 eine schriftliche und eine mündliche Abmahnung aus. Nachdem die Klägerin bei ihrer Ablehnung blieb, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 28.02.2007 wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung (Bl. 6 GA).
Durch Urteil vom 30.08.2007 hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutz- und der Zahlungsklage stattgegeben und das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2007 gegen eine Abfindungszahlung in Höhe von Euro 20.392,20 brutto aufgelöst.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Antrag auf Klageabweisung weiter. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens greift sie die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen des Urteils an. Die Klägerin verteidigt das Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen vollumfänglich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung der Kündigungsschutz- und der Zahlungsklage stattgegeben. Es hat auch zu Recht das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2007 aufgelöst; die ausgeurteilte Abfindung ist weder dem Grunde noch der Höhe zu beanstanden. Die Kammer macht sich die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen, und hat ihnen mit Blick auf die Angriffe der Berufung lediglich das Folgende hinzuzufügen:
I. Die Kündigung vom 28.02.2007 ist nach § 626 Abs. 1 BGB oder § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG rechtsunwirksam. Zwar ist die beharrliche Arbeitsverweigerung geeignet, einen an sich wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung oder einen verhaltensbedingten Grund zur ordentlichen Kündigung abzugeben. Die Klägerin hat jedoch keine Arbeitsverweigerung begangen, denn sie schuldete nach dem Arbeitsvertrag nicht die ihr ab 26.02.2007 zugewiesene Arbeit (§ 106 GewO).
Nach dem Anstellungsvertrag vom 14.09.1985 i.V.m. dem Schreiben vom 22.08.1989 durfte die Beklagte der Klägerin nur eine Tät...