Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen der Ankündigung eines Auflösungsantrags während des Kündigungsschutzverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Das Arbeitsverhältnis besteht auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag angekündigt hat, über den das Arbeitsgericht noch nicht entschieden hat. Auch wenn die Auflösung rückwirkend erfolgen kann, ändert dies nichts an dem Umstand, dass das Gericht die Auflösung nicht lediglich feststellt, sondern das Arbeitsverhältnis durch Urteil erst auflöst. Dies bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis und damit die sich aus ihm ergebenden wechselseitigen Pflichten bestehen, solange das Arbeitsverhältnis nicht durch (rechtskräftiges) gestaltendes Urteil des Arbeitsgerichts aufgelöst ist.
2. Daher ist ein Arbeitnehmer auch dann, wenn er einen Auflösungsantrag mit Tatsachenvortrag verknüpft hat, zur Arbeitsleistung verpflichtet, solange über den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein rechtskräftiges Urteil noch nicht vorliegt (entgegen LAG Rheinland-Pfalz 07. April 2005 - 4 Sa 955/04).
3. Ein Urteil eines Landesarbeitsgerichts, das vom BAG aufgehoben worden ist, ist nicht divergenzfähig.
Normenkette
KSchG § 9; BGB § 626; KSchG § 10
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 18.03.2014; Aktenzeichen 10 Ca 8474/12) |
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18. März 2014 - 10 Ca 8474/12 - wird zurückgewiesen.
II.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18. März 2014 - 10 Ca 8474/12 - teilweise abgeändert:
Der Kündigungsschutzantrag wird zurückgewiesen.
III.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen beide Parteien zu je 1/2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zum 31. Januar 2013 von der Klägerin angestrebte Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 11. Juni 2013.
Die am 1975 geborene Klägerin (verheiratet, 2 Kinder) ist bei der Beklagten seit dem 13. Januar 2004 als Reinigungskraft beschäftigt. Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages, der in § 7 eine Versetzungsklausel enthält, wird auf die Kopie Bl. 6 ff. d.A. Bezug genommen.
Die Beklagte setzte die Klägerin im C -C in K -C ein. Der Kunde der Beklagten kündigte den Auftrag zum 31. Dezember 2012. Dies nahm die Beklagte zum Anlass, allen in dem Objekt eingesetzten Mitarbeitern zum 31. Dezember 2012 zu kündigen. Auch die Klägerin erhielt am 12. Oktober 2012 eine auf den 8. Oktober 2012 datierte Kündigung zum 31. Dezember 2012. Hiergegen hat sie Kündigungsschutzklage erhoben. Sie ist ab dem 2. Januar 2013 bei der Nachfolgefirma der Beklagten in dem Objekt beschäftigt worden.
Die Beklagte hat mit außergerichtlichem Schreiben vom 5. Februar 2013 gegenüber der Klägerin erklärt, sie leitete aus der Kündigung keine Rechte mehr her. Sie forderte die Klägerin auf, ihre Tätigkeit in einem Objekt in D aufzunehmen. Hierfür solle sie sich mit der zuständigen Mitarbeiterin Frau T telefonisch in Verbindung setzen. Der Inhalt des zwischen der Klägerin und Frau T geführten Telefonats ist zwischen den Parteien streitig.
Die Beklagte hat ebenfalls am 5. Februar 2013 den Kündigungsschutzantrag anerkannt. Die Klägerin hat am 19. Februar 2013 Teilanerkenntnisurteil beantragt und einen Auflösungsantrag angekündigt. Das am 21. Februar 2013 erlassene Teilanerkenntnisurteil ist der Beklagten am 22. März 2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 25. März 2013 hat die Beklagte Rechtsmittelverzicht erklärt.
Die Klägerin hat ihre Tätigkeit in D auch nach Rechtskraft des Teilanerkenntnisurteils nicht aufgenommen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 hat die Beklagte die Klägerin abgemahnt. Auf den Inhalt der Abmahnung wird Bezug genommen (Kopie Bl. 143 f. d.A.).
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom 11. Juni 2013, welches die Klägerin am 13. Juni 2013 erhielt, fristlos, hilfsweise fristgerecht, gekündigt. Der gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung gerichtete Antrag ist am 4. Juli 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten sei ihr unzumutbar. Sie habe sie und die anderen Arbeitnehmer vorsätzlich über das Vorliegen eines Kündigungsgrundes getäuscht, indem sie den unzutreffenden Eindruck erweckt habe, eine Umsetzung komme nicht in Betracht. Die Beklagte führe an ihrem "Stammgericht" in Nürnberg massenweise Verfahren nach demselben Muster. Wer sich gegen eine Kündigung wehre, erhalte postwendend die Rücknahme der Kündigung und die Aufforderung zur Arbeitsaufnahme. Zudem habe sich die Beklagte nach dem Ausspruch der Kündigung nicht mehr um sie gekümmert. In dem Telefonat habe Frau T ihr erklärt, sie wisse überhaupt nicht, worum es gehe. Sie habe keinen Bedarf und könne ihr keine Arbeit zuweisen. Die Kündigung vom 11. Juni 2013 sei formunwirksam, weil sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden sei.
Die Kläg...