Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche eines beurlaubten Beamten der Deutschen Telekom AG aus dem Sozialplan
Leitsatz (amtlich)
1) Zur Frage, ob es dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn ein wegen Stillegung des Betriebes vereinbarter Sozialplan solche Arbeitnehmer von seinem Geltungsbereich ausschließt, die als beurlaubte Beamte über ein Rückkehrrecht in ihr Beamtenverhältnis zur DT AG verfügen.
2) Zur Frage, ob es den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn eine neben dem Sozialplan gesondert abgeschlossene Betriebsvereinbarung zur Zahlung einer Sonderprämie bei streitloser Beendigung des Arbeitsverhältnisses solche Arbeitnehmer von ihrem Geltungsbereich ausschließt, die als beurlaubte Beamte über ein Rückkehrrecht in ihr Beamtenverhältnis zur DT AG verfügen.
Leitsatz (redaktionell)
Die vollständige Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans bei der Deutschen Telekom AG ist wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen den in § 75 Abs. 1 BetrVG niedergelegten betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Normenkette
BetrVG § 75 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Aktenzeichen 2 Ca 6899/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Parteien werden unter Einschluss der Hilfs-
widerklagen und der Vollstreckungsschutzanträge der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 95 % der Kläger und zu 5 % die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie.
Der Kläger ist beurlaubter Beamter der Deutschen Telekom AG (DT AG). Er war unter Anrechnung der jeweiligen Betriebszugehörigkeit in verschiedenen Gesellschaften dieses Konzerns als Arbeitnehmer tätig, zuletzt bei der W. Technical Services GmbH (W.). Diese beschäftigte neben beurlaubten Beamten auch sonstige Arbeitnehmer aus konzernangehörigen Telekom-Gesellschaften. Die Personalakten ihrer Mitarbeiter wurden bei W. neu angelegt.
Zum 01.01.2008 übernahm die neu gegründete Beklagte den Geschäftsbetrieb der W.. Zuletzt beschäftigte sie an 19 Standorten ca. 950 Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren, darunter 190 beurlaubte Beamte.
In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen die DT AG, wonach die Arbeitsverhältnisse zu dieser mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
Ende 2012 entschloss sich die Beklagte, ihren Betrieb stillzulegen, und eröffnete dies ihrer Belegschaft auf einer Betriebsversammlung am 05.12.2012. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat empfahl den Mitarbeitern zu prüfen, ob ihr Arbeitsverhältnis zur DT AG noch bestehe. Auf mehrere Anfragen der Geschäftsleitung der Beklagten lehnte die DT AG Zusagen für eine freiwillige Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern der Beklagte ab.
Unter dem 29.04.2013 unterzeichneten die Beklagte und der Betriebsrat einen Sozialplan zu der geplanten Betriebsschließung. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
"Präambel
...
(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der O. S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplanes in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur Deutschen Telekom AG Nachteile entstehen können z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur Deutschen Telekom AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
1. Geltungsbereich
...
1.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für
...
? Beurlaubte Beamte
...
3. Abfindung
3.1Höhe der Abfindung
...
3.5 Ausschluss der Anspruchsberechtigung
Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht, wenn der Mitarbeiter unmittelbar bei Ausscheiden bei O. S oder im unmittelbaren Anschluss an die TG ein Arbeitsverhältnis mit O. ...