Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines beurlaubten Beamten des Telekom-Konzerns auf Gleichbehandlung in Sozialplänen und Betriebsvereinbarungen
Leitsatz (amtlich)
1) Zur Frage, inwieweit beurlaubte Beamte, die bei Tochtergesellschaften des Telekom-Konzerns als Angestellte arbeiten, in Sozialplänen und diese ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit anderen Angestellten gleich zu behandeln sind.
2) Zur Frage der unzumutbaren Ausweitung des Dotierungsrahmens einer freiwilligen "BV Sonderzahlung".
Leitsatz (redaktionell)
Die Herausnahme beurlaubter Beamter aus dem Geltungsbereich eines Sozialplans verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 75 Abs. 1 BetrVG. Dies rechtfertigt sich daraus, dass ein beurlaubter Beamter nicht befürchten muss, aufgrund Betriebsschließungen oder -änderungen arbeitslos zu werden.
Normenkette
BetrVG § 75; SonderUrlVO § 13; GBG § 613a
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 12.03.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1439/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.03.2014 in Sachen 2 Ca 1439/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Forderungen des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie.
Der am 1965 geborene, einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger ist Beamter bei der D T AG. In seinem Beamtenverhältnis war der Kläger in der Vergangenheit gemäß § 13 Sonderurlaubsverordnung für eine Angestelltentätigkeit im Konzern beurlaubt worden. Aufgrund eines zum 01.01.2008 stattfindenden Betriebsübergangs im Sinne des § 613 a BGB übte der Kläger diese Angestelltentätigkeit zuletzt bei der Beklagten aus und verdiente dabei 4.179,17 € brutto monatlich. Zuvor war er als Angestellter bei der V GmbH & Co KG (V ) beschäftigt gewesen.
Die Beklagte beschäftigte zuletzt ca. 950 Arbeitnehmer an 16 verschiedenen Standorten in ganz Deutschland. Hierunter waren nach eigenen Angaben ca. 190 beurlaubte Beamte. Zum 31.12.2013 legte die Beklagte ihren Betrieb still und sprach ihrer Belegschaft betriebsbedingte Kündigungen aus, so auch dem Kläger am 06.05.2013 zum 31.12.2013. Der Kläger erhob gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage. Zum 01.01.2014 wechselte er nahtlos zurück in sein Beamtenverhältnis bei der D T AG. In den ersten vier Monaten nach seiner Rückkehr erzielte er dort nach eigenen Angaben im Vergleich zum letzten Einkommen bei der Beklagten einen Minderverdienst. Seit dem 01.05.2014 hat er (mindestens) wieder sein altes Einkommensniveau erreicht. Allerdings wird der in W ansässige Kläger jetzt nicht mehr, wie bei der Beklagten, in Dü eingesetzt, sondern in B .
Im Hinblick auf die vollständige Betriebsschließung schlossen die Beklagte und ihr Betriebsrat unter dem 29.04.2013 einen Interessenausgleich (Bl. 5 ff. d. A.), einen Sozialplan (Bl. 8 ff. d. A.) und eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (Bl. 18 ff. d. A.).
Absatz 3 der Präambel des Sozialplans lautet wie folgt:
"Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die auf die Zukunft gerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur D T AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur D T AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird."
In Ziffer 1.2 des Sozialplans ist bestimmt, dass dieser Sozialplan unter anderem nicht für beurlaubte Beamte gilt.
Die Präambel der am gleichen Tage abgeschlossenen freiwilligen "Betriebsvereinbarung Sonderprämie" lautet wie folgt:
"Der gesamt Betrieb der N wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: "Mitarbeiter") zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternz...