Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Leitsatz (amtlich)
§ 4 Ziff. 2.1 (1) – (3) Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten sowie Poliere des Baugewerbes vom 12.06.1978 i.d.F. vom 19.05.1992 beinhalten eine deklaratorische Regelung mit der Konsequenz, daß der Arbeitnehmer gemäß §§ 3 (1), 4 (1) EFZG nur Anspruch auf 80 % Entgeltfortzahlung für die Dauer seiner Erkrankung hat.
Normenkette
§ 4 Ziff. 2.1 (1) – (3) Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten sowie Poliere des Baugewerbes vom 12.06.1978 i.d.F. vom 19.05.1992
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Urteil vom 23.04.1997; Aktenzeichen 4 Ca 158/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 23.04.1997 – 4 Ca 158/97 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: 573,– DM.
Tatbestand
Der Kläger ist Mitglied der IG Bauen-Agrar-Umwelt und ist bei der Beklagten, einem Mitglied des Verbandes des Deutschen Baugewerbes, seit mehreren Jahren als Angestellter beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis fand bis zum Jahre 1997 der Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten sowie die Poliere des Baugewerbes vom 12.06.1978 i.d.F. vom 19.05.1992 (im folgenden RTV) Anwendung.
Die Partei streiten über die Höhe des tarifvertraglich geregelten Entgeltfortzahlungsanspruchs des Klägers für einen Kuraufenthalt in der Zeit vom 15.10. bis 12.11.1996.
§ 4 Ziff. 2.1 Absatz 1 bis 3 RTV hat folgenden Wortlaut:
„Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall
Ist ein Angestellter infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert (Arbeitsunfähigkeit), ohne daß ihn ein Verschulden tritt, so hat er gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bis zur Dauer von sechs Wochen.
Nach dreijähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit erhalten Angestellte, wenn sie infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert sind (Arbeitsunfähigkeit), von der 7. Woche an einen Zuschuß vom Arbeitgeber bis zur Dauer von sechs Wochen. Der Zuschuß wird in Höhe des Betrages gewährt, der sich als Unterschied zwischen dem Nettogehalt und den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder Unfallversicherung ergibt. Ist der Angestellte nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, so ist das Krankengeld oder Hausgeld zugrunde zu legen, das er als Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung als Höchststufe erhalten würde.
Nach siebenjähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit wird der Zuschuß nach Absatz 2 bis zur Dauer von acht Wochen und nach zehnjähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit bis zur Dauer von zwölf Wochen gewährt.”
§ 4 Ziff. 3 Satz 1 1. Halbsatz RTV lautet:
„Bei Arbeitsverhinderung infolge eines Kur- oder Heilverfahrens hat auch der arbeitsfähige Angestellte Anspruch auf Gehaltsfortzahlung nach Nr. 2.1 Absatz 1.”
In der im Mai 1997 abgeschlossenen Tarifrunde für die Angestellten im Baugewerbe wurde der RTV nach dem Vortrag der Beklagten hinsichtlich § 4 Ziff. 2 nicht abgeändert. Im Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer vom 09.06.1997 dagegen wurde die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall dahingehend geändert, daß die Arbeiter für den 1.–3. Werktag eine lediglich 80 %ige Lohnfortzahlung erhalten, ab dem 4. Werktag entgegen der gesetzlichen Vorschrift des § 4 EFZG eine 100 %ige Lohnfortzahlung.
In derzeit vom 15.10. bis 12.11.1996 befand sich der Klägerin Kur. Für diese Zeit kürzte die Beklagte sein Gehalt um 20 % und behielt einen Betrag von 573,– DM brutto ein. Mit Schreiben vom 09.12.1996 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 23.12.1993 zur Zahlung des Differenzbetrages von 573,– DM brutto auf.
Mit der am 20.01.1997 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Differenzbetrag von 573,– DM brutto geltend gemacht.
Er hat die Ansicht vertreten,
§ 4 Ziff. 2.1 Abs. 1 i.V.m. § 4 Ziff. 3 RTV begründe einen Anspruch auf 100 %ige Fortzahlung des Gehalts für die Dauer seiner Kurmaßnahme.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 573,– brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 23.12.1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten,
der RTV enthalte keine Bestimmung über die Höhe des fortzuzahlenden Gehalts mit der Folge, daß der Kläger gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 EFZG n. F. lediglich einen Anspruch auf Fortzahlung von 80 % seines Gehalts habe.
Das Arbeitsgericht hat eine schriftliche Auskunft hinsichtlich der Auslegung des RTV bei den Tarifvertragsparteien eingeholt. Nach Auskunft der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt enthält § 4 Ziff. 2.1 Abs. 1 RTV eine eigenständige Regelung über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, während es sich nach Auskunft des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes sowie der Deutschen Bauindustrie um eine lediglich deklaratorische Regelung handelt.
Wegen der jeweiligen Begründung wird auf die Auskünfte der Tarif...