Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung. Rentenanpassung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beginn der zweijährigen Verjährungsfrist für den einzelnen Anspruch des Arbeitnehmers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach § 198 Satz 1 BGB a. F. hing allein von der Entstehung dieses Anspruchs ab. Hiervon war auszugehen, wenn der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden konnte (so schon BAG 28.04.1992 – 3 AZR 333/91 – n. v.).
2. An diesem Verjährungsbeginn änderte nichts der Umstand, dass nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts der Bochumer Verband im Rahmen eines Rechtsstreits nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Möglichkeit hatte, bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eine neue unternehmensübergreifende Anpassungsentscheidung nach § 16 BetrAVG bzw. § 20 LO 1985 zu treffen (BAG 09.11.1999 – 3 AZR 432/98 – EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 23, zu B III 3 b der Gründe).
3. Unerheblich für den in § 198 Satz 1 BGB a. F. geregelten Verjährungsbeginn war, dass eine gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB nur für die Zukunft wirken kann und die gestaltende Wirkung der gerichtlichen Entscheidung erst mit Rechtskraft des Urteils eintritt (BGH 24.11.1995 – V ZR 174/94 – NJW 1996, 1054, 1056). Die Verjährung des hieraus folgenden Zahlungsanspruchs begann nach § 198 Satz BGB a. F. aber nur dann in diesem Augenblick, wenn mit der Leistungsbestimmung ein bis dahin „schwebender” Anspruch auf eine unbestimmte Leistung erstmals rechtsgestaltend konkretisiert wurde (vgl. auch BGHZ 55, 340, 344; BGH 24.11.1995 – V ZR 174/94 – NJW 1996, 1054, 1056).
4. An einem derartigen Schwebezustand fehlte es bei der von dem hierzu Berechtigten rechtzeitig zum Anpassungsstichtag 01.01.1997 getroffenen Anpassungsentscheidung nach § 16 BetrAVG, auch wenn diese u. U. nicht billigem Ermessen nach § 315 Abs. 1 BGB entsprochen haben mag.
Normenkette
BGB § 198 S. 1; BGB a.F. § 315 Abs. 3 S. 2; BetrAVG § 16; LO 1985 Bochumer Verband § 20
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 18.07.2002; Aktenzeichen 3 (6) Ca 5295/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 18.07.2002 3 (6) Ca 5295/01 wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.1997 anzupassen war. Die Beklagte, ein Unternehmen des Bergbaus, erhöhte sein Ruhegeld zum 01.01.1997 um 2 %. Der Kläger verlangt zu dem genannten Zeitpunkt eine Erhöhung um insgesamt 5,6 %.
Der Kläger war bei der Beklagten als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Die Beklagte gehört dem Bochumer Verband als Mitglied an. Dem Kläger sagte sie eine betriebliche Altersversorgung nach der jeweils geltenden Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu. Seit seinem Eintritt in den Ruhestand zahlt sie ihm unter Einschaltung des Bochumer Verbandes eine Betriebsrente.
Nach § 3 der Leistungsordnung vom 22.12.1974 (LO 1974) richteten sich die Ruhegelder nach den jeweils geltenden Gruppenbeträgen. Mit Wirkung vom 01.01.1985 wurde die Leistungsordnung geändert. §§ 3 und 20 LO 1985 sehen eine getrennte Anpassung der Versorgungsanwartschaften und der laufenden Ruhegelder vor. § 20 LO 1985 lautet:
Anpassung der laufenden Leistungen
Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst.
Im Jahre 1996 entschied der Vorstand des Bochumer Verbandes über die Anpassung der Gruppenbeträge und der laufenden Leistungen zum 01.01.1997. Zu diesem Termin passte er die Betriebsrenten bei den Mitgliedsunternehmen des Bergbaus sowie bei den mit ihnen verbundenen Unternehmen und Organisationen um 2 % und bei den übrigen Mitgliedsunternehmen um 4 % an.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Essen am 27.12.2001 eingereichten Klage begehrt der Kläger auf der Basis der für ihn per 01.01.1997 maßgeblichen Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 4.710,– eine Anpassung um insgesamt 5,6 %, d. h. eigentlich um DM 263,76 monatlich bis zum 31.12.1999. Unter Berücksichtigung der ihm seit dem 01.01.1997 monatlich gezahlten Erhöhung des Ruhegeldes um 2 %, d. h. um DM 94,20, fordert er für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1999 monatlich eine Differenz von DM 169,56, insgesamt für 36 Monate DM 6.104,16 (= 3.121,01), nach.
Der Kläger hat demzufolge beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.121,01 brutto zu zahlen nebst 4 % Zinsen auf den monatlichen Teilbetrag von 86,69, beginnend mit dem 01.01.1997 und endend zum 31.12.1999.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat bezüglich der Nachforderungen für die Jahre 1997 und 1998 die Einrede der Verjährung erhoben und hinsichtlich der Nachforderung für das Jahr 1999 im Wesentlichen geltend gemacht, eine Anpassung in Hö...