Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsmathematischer Abschlag in der betrieblichen Altersversorgung. Veränderungssperre
Leitsatz (amtlich)
Die Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG bezieht sich auch auf die Höhe eines in der einschlägigen Versorgungsordnung (hier: Leistungsordnung des Bochumer Verbandes) festgelegten versicherungsmathematischen Abschlags. Maßgebend für die Berechnung des Altersruhegeldes ist deshalb der in der Versorgungsordnung vorgesehene Abschlag zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, 5
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 25.09.2002; Aktenzeichen 4 Ca 5253/01) |
Nachgehend
Tenor
1) Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Essen vom25.09.2002 – 4 Ca 5253/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des monatlichen Ruhegeldanspruchs des Klägers.
Der am 28.02.1935 geborene Kläger war seit dem 01.04.1963 bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt. Er erhielt eine betriebliche Altersversorgungszusage nach Maßgabe der jeweils gültigen Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. Am 30.09.1979 schied der Kläger mit einer unverfallbaren Anwartschaft auf ein betriebliches Altersruhegeld bei der Beklagten aus.
Zu diesem Zeitpunkt galt § 3 Ziffer 5 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 22.12.1974, der folgenden Wortlaut hatte:
Nimmt der Angestellte das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch (§ 2 Abs. 1 d), werden die nach Anwendung der Bestimmungen der §§ 8 und 9 ermittelten Bezüge während der gesamten Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens um 0,5 v. H. gekürzt.
Der Kläger bezieht seit dem 01.03.1998 vorgezogene Altersrente. Zu diesem Zeitpunkt galt § 3 Ziffer 10 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 01.10.1985. Ziffer 10 lautet:
Nimmt der Angestellte eine volle Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Leistungen der befreienden Lebensversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch (§ 2 Abs. 1 d), wird das nach den Absätzen 3 bis 8 unter Berücksichtigung des § 8 ermittelte Ruhegeld während der gesamten Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Bezuges um 0,4 vH gekürzt.
Bei der Berechnung der betrieblichen Altersrente des Klägers ab dem 01.03.1998 brachte die Beklagte auf der Grundlage der Leistungsordnung von 1974 einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,5 % pro Monat für insgesamt 24 Monate in Ansatz und errechnete auf dieser Basis eine monatliche Altersrente von 1.200,50 DM brutto.
Mit seiner am 21.12.2001 beim Arbeitsgericht Essen anhängig gemachten Klage hat der Kläger die Nachzahlung eines Differenzbetrages für die Zeit ab dem 01.03.1998 bis zum 31.12.2001 in Höhe von 1.512,04 DM brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte bei der Berechnung seiner Rente einen versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von nur 0,4 % pro Monat in Ansatz bringen dürfen. § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG und die dort statuierte Veränderungssperre finde keine Anwendung, weil sie sich nur auf die in § 2 Abs. 1 BetrAVG angesprochene Vollrente bzw. auf die entsprechende Anwartschaft beziehe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.512,04 DM brutto nebst 5 % Zinsen über dem Zinssatz gemäß § 247 BGB auf den monatlichen Teilbetrag in Höhe von 32,74 DM für die Zeit vom 01.03.1998 bis 31.12.1999 und für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2001 auf den monatlichen Teilbetrag in Höhe von 32,99 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung des Klägers entgegengetreten und hat ihrerseits die Meinung vertreten, aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ergäbe sich, dass auch die Höhe eines versicherungsmathematischen Abschlags der Veränderungssperre unterliege. Anderenfalls wäre das Regelungsziel der genannten Norm nicht zu erreichen.
Mit Urteil vom 25.09.2002 hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Essen – 4 Ca 5253/01 – die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zwar lasse der Wortlaut von § 2 Abs. 1 BetrAVG eine unterschiedliche rechtliche Behandlung der Anwartschaft auf eine ungekürzte Betriebsrente und der Anwartschaft bei einem vorzeitigen Bezug zu. Sinn und Zweck des § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG, die Höhe der aufrechtzuerhaltenden Anwartschaft eindeutig festzulegen, sprächen indes dafür, diese Norm auch auf die Berechnung der vorgezogenen betrieblichen Altersrente und damit auf die Höhe des versicherungsmathematischen Abschlags zu erstrecken.
Der Kläger hat gegen das ihm am 15.11.2002 zugestellte Urteil mit einem am 11.12.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 14....