Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Versorgungszusage – Wechsel von Vollzeit in (Alters)Teilzeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Versorgungsordnung, die den Durchschnitt der zuletzt erzielten Arbeitsvergütung zum Bemessungsfaktor für den Versorgungsanspruch erhebt, erfasst regelmäßig nicht den Wechsel von langjähriger Vollzeit in Teilzeit, insbesondere nicht den Eintritt in Altersteilzeit.
2. Die Versorgungsordnung ist insoweit lückenhaft und im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung regelmäßig dergestalt zu schließen, dass der für den Vollzeitbeschäftigten ermittelte Rentenbetrag entsprechend der Teilzeitquote (i. e. der persönliche Beschäftigungsgrad des auch oder nur in Teilzeit arbeitenden Arbeitnehmers im Verhältnis zur Arbeitszeit des in Vollzeit tätigen Arbeitnehmers) bezogen auf die gesamte Beschäftigungsdauer umzurechnen ist.
3. Sind im Bemessungszeitraum kurzzeitige, befristete Vergütungserhöhungen oder -absenkungen aus besonderem Anlass eingetreten, kann eine ergänzende Vertragsauslegung die Unbeachtlichkeit der Vergütungsänderung für die Durchschnittsberechnung ergeben.
Normenkette
BetrAVG § 1; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 18.03.2009; Aktenzeichen 5 Ca 1371/08 - 3v) |
Tenor
Unter teilweiser Aufhebung des Schluss-Versäumnisurteils vom 18.03.2009 sowie des Urteils des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.10.2008 wird die Beklagte verurteilt,
- an den Kläger EUR 565,92 brutto (rückständige Betriebsrente für die Monate Februar bis Mai 2008) zu zahlen;
- an den Kläger zukünftig eine monatliche Betriebsrente in Höhe von EUR 628,68 brutto zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz haben der Kläger zu 2 /5 und die Beklagte zu 3/5 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10 zu tragen; hiervon ausgenommen sind die durch die Säumnis des Klägers am 18.03.2009 entstandenen Mehrkosten, die dem Kläger auferlegt werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A. Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente.
Der am 06.01.1945 geborene Kläger war vom 08.01.1973 bis zum 31.01.2008 als Konstrukteur bei der Beklagten beschäftigt, bis zum 31.01.2002 in Vollzeit und ab dem 01.02.2002 in (Alters)Teilzeit.
Die Beklagte hatte ihm gemäß ihrer „Bekanntmachung vom 12. Dezember 1957” betriebliche Altersvorsorgeleistungen zugesagt. Die Versorgungsordnung bestimmt u.a. Folgendes:
„1. Gewährt werden nach Ableistung einer Wartezeit von 10 Jahren nach Vollendung des 20. Lebensjahres bei der Firma verbrachten Dienstjahren:
a) Invaliditäts- und Altersrenten, zahlbar vom Ausscheiden infolge vorzeitiger Invalidität auf die Dauer der Invalidität, vom Ausscheiden nach Vollendung des 65. Lebensjahres auf Lebenszeit,
…
2. Die Invaliditäts- und Altersrenten beginnen nach Ablauf der Wartezeit mit
monatlich 5 %
und steigen mit jedem weiteren
Dienstjahr um monatlich 0,5 %
bis auf monatlich 22,5 %
des durchschnittlichen Einkommens der jeweils letzten fünf Dienstjahre.
…
4. Scheidet ein Arbeitnehmer aus dem Betrieb aus, ohne dass eine der Verpflichtungen zur Rentenzahlung gemäß Ziffer 1 gegeben ist, so erlischt der Rentenanspruch.”
Unter dem 21.01.2002 schlossen die Parteien auf der Grundlage der einschlägigen Metall-Tarifverträge NRW mit Beginn ab 01.02.2002 einen auf den 31.01.2008 befristeten Altersteilzeitvertrag mit entsprechender Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit und des Arbeitsentgeltes.
Gemäß Schreiben vom 28.01.2008 gewährt die Beklagte dem Kläger seit Februar 2008 zu der gesetzlichen Rente eine Betriebsrente in Höhe von EUR 487,20 brutto. In der „Rentenberechnung” (Bl. 20 GA) legte sie den in den letzten 5 Beschäftigungsjahren verminderten Verdienst (Altersteilzeitentgelt zzgl. Aufstockungsbetrag) zugrunde und nahm wegen Austritts vor Vollendung des 65. Lebensjahres einen „versicherungsmathematischen Abschlag” (420 Monate : 444 Monate) vor.
Der Kläger hat mit der im Mai 2008 vor dem Arbeitsgericht Wuppertal erhobenen Klage die Beklagte auf Zahlung einer monatlichen Betriebsrente von EUR 714,47 in Anspruch genommen. Er beanstandet das Fehlen einer Regelung bei vorzeitigem Bezug der Altersrente und, weil er in die Rentenberechnung seine 29 Jahre lang geleistete Vollzeittätigkeit einbezogen wissen will, vor allem die in Nr. 2 der Versorgungsordnung vorgesehene Zugrundelegung des durchschnittlichen Einkommens der jeweils letzten fünf Dienstjahre.
Die Beklagte hält entgegen, das nach eindeutiger Bestimmung der Versorgungsordnung der fünfjährige Bemessungszeitraum auch bei einem Wechsel von Vollzeit in Altersteilzeit gelte.
Durch Urteil vom 15.10.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen in rechtlicher Hinsicht angegriffen. Die Beklagte hat im Wege der Anschlussberufung die Feststellung begehrt, dass dem Kläger lediglich eine monatliche Al...