Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzsicherung. Wertguthaben. Altersteilzeit

 

Leitsatz (amtlich)

§ 8a ATG regelt – weitergehend als zuvor § 7 d SGB IV – Verpflichtungen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Die Vorschrift ist aber keine Schutznorm im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, die bei fehlender Insolvenzsicherung eine persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH begründen kann.

 

Normenkette

ATG § 8a; BGB § 823 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 29.11.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1796/07 v)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.02.2010; Aktenzeichen 9 AZR 44/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal – Gerichtstag Velbert – vom 29.11.2007 – 1 Ca 1796/07 v – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers der Beklagten werden dem Kläger auferlegt. Die Kosten der Streithelferin des Klägers hat diese selbst zu tragen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die persönliche Haftung der Beklagten für ein nicht abgesichertes Wertguthaben aus einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis.

Der am 01.09.1947 geborene Kläger war seit dem 25.08.1970 bei der Firma F. V. & Söhne GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin), einem metallverarbeitenden Unternehmen mit damals ca. 350 Arbeitnehmern, beschäftigt. Der Beklagte zu 1) war ab Mai 2000 als Geschäftsführer bestellt. Er war nach der internen Geschäftsverteilung zuständig für den Bereich Vertrieb und Entwicklung. Der Beklagte zu 2) war in dem Zeitraum von April 2000 bis zum 23.09.2005 als Geschäftsführer bestellt. Er war zuständig für den Bereich Technik. Bis zum Sommer 2004 war Herr V. als weiterer Geschäftsführer u.a. für das Personalwesen zuständig. Nach dessen Ausscheiden übernahm diese Aufgaben ab dem 01.12.2004 der Geschäftsführer U.. Auf der Ebene unterhalb der Geschäftsführung war der Prokurist X. für die personellen Angelegenheiten verantwortlich. Nach der Eintragung im Handelsregister wurde die Gesellschaft bei Bestellung von mehreren Geschäftsführern durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten (vgl. Bl. 98 d.A.).

Der Kläger schloss mit der Insolvenzschuldnerin am 20.08.2004 unter Bezugnahme auf den Tarifvertrag zur Altersteilzeit in der Metall- und Elektroindustrie NRW (TV ATZ) einen Altersteilzeitvertrag im sog. Blockmodell, der eine Arbeitsphase vom 01.09.2004 bis zum 31.08.2007 und eine sich daran anschließende Freistellung vom 01.09.2007 bis 31.08.2010 vorsah. Der Altersteilzeitvertrag wurde auf Seiten der Insolvenzschuldnerin vom damaligen Leiter der Personalabteilung, dem Streithelfer der Beklagten, mit dem Kürzel „i.V.” unterzeichnet. Unter § 11 des Vertrages heißt es:

„Hinsichtlich der Insolvenzsicherung von Altersteilzeit im Blockmodell gilt § 8 a ATG. Der Arbeitgeber wird die Insolvenzsicherung mit der ersten Gutschrift in der betriebsüblichen Art und Weise nachweisen.”

Die Insolvenzschuldnerin schloss am 05.10.2004 mit dem im Betrieb bestehenden Betriebsrat eine „Freiwillige Betriebsvereinbarung zur Abwicklung von Altersteilzeit”, die rückwirkend am 01.09.2004 in Kraft trat. Diese wurde auf Arbeitgeberseite, da der Geschäftsführer V. zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschieden war, von dem Beklagten zu 2) unterzeichnet. Die Betriebsvereinbarung enthält unter Ziffer 3 folgende Regelung:

„Insolvenzsicherung

Der Arbeitgeber berät entsprechend § 16 TV ATZ die Maßnahme zur Insolvenzsicherung mit dem Betriebsrat. Bei der Insolvenzsicherung von Altersteilzeit im Blockmodell gilt § 8a ATG. Der Arbeitgeber wird die Insolvenzsicherung mit der ersten Gutschrift und danach alle sechs Monate in der betriebsüblichen Art und Weise nachweisen.”

Der in Bezug genommenen Tarifvertrag enthält, soweit hier von Interesse, folgende Regelungen:

㤠6

Altersteilzeitentgelt

4. Endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vorzeitig, hat der Beschäftigte Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen den ausgezahlten Leistungen (Altersteilzeitentgelt und Aufstockungsbetrag) und dem Entgelt für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung. …Dies gilt auch…bei einer Insolvenz des Arbeitgebers. Bei der Auszahlung sind die aktuellen Tarifentgelte zugrunde zu legen.

….

§ 16

Insolvenzsicherung

Der Arbeitgeber berät geeignete Maßnahmen mit dem Betriebsrat und stellt sicher, dass im Falle der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses durch Insolvenz des Arbeitgebers alle bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche einschließlich der darauf entfallenden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gesichert sind.

Der Arbeitgeber weist gegenüber dem Betriebsrat bzw. soweit keine Betriebsvereinbarung besteht, gegenüber dem Beschäftigten jährlich die ausreichende Sicherung nach.”

Maßnahmen zur Insolvenzsicherung wurden von der Insolvenzschuldnerin jedoch nicht ergriffen. Nach den Jahresbilanzen der Insolvenzschuldnerin ...

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