Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung
Leitsatz (amtlich)
Tarifvertrag Beschäftigungssicherung vom 23.04.1994 für den Geltungsbereich des MTV Stahl vom 15.03.1989;
Verpflichtung zur Übernahme von Ausgebildeten;
Auslegung des Begriffs „personenbedingte Gründe” in § 5 des TV
Normenkette
Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 23.04.1994 für den Geltungsbereich des MTV Stahl vom 15.03.1989 i.d.
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 17.10.1996; Aktenzeichen 1 (4) Ca 2188/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.10.1996 – 1 (4) Ca 2188/96 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aufgrund tarifvertraglicher Bestimmungen verpflichtet ist, den Kläger nach Abschluß der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis als Verfahrensmechaniker zu übernehmen.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.09.1993 als Auszubildender tätig. Der Kläger hat am 28.06.1996 die Prüfung als Verfahrensmechaniker bestanden. Beide Parteien sind tarifgebunden. In dem einschlägigen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 23.04.1994 (i.w. TV Beschäftigungssicherung) heißt es in § 5 wie folgt:
Übernahme von Ausgebildeten
1. Ausgebildete werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens 6 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründen entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.
2. Mit Zustimmung des Betriebsrats kann von der Verpflichtung nach Ziff. 1 abgewichen werden, insbesondere wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist, oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.
3. …
4. Für Ausgebildete in den Berufen „Verfahrensmechaniker” und „Gießereimechaniker” beträgt die Mindestfrist der Ziff. 112 Monate.
Der Kläger war in den Jahren 1993 bis 1996 insgesamt an 109 Tagen in 21 Fällen arbeitsunfähig erkrankt.
Darüber hinaus ist der Kläger in 25 Fällen insgesamt 2307 Minuten verspätet erschienen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Beklagte aufgrund des TV Beschäftigungssicherung verpflichtet sei, ihn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses befristet weiter zu beschäftigen.
„Personenbedingte Gründe” im Sinne des TV Beschäftigungssicherung ständen einer Weiterbeschäftigung nicht entgegen. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages seien die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zu krankheitsbedingten Kündigungen anzuwenden. Verhaltensbedingte Gründe könnten nicht berücksichtigt werden.
Der Kläger hat vorgetragen, bei ihm seien erhebliche Fehlzeiten dadurch aufgetreten, daß sein Vater schwer erkrankt gewesen sei und schließlich am 07.07.1995 verstorben sei. Die Fehlzeiten beruhten überwiegend auf Magenerkrankungen; ansonsten beruhten die Krankheiten im Jahr 1995 auf einer Schulter-Arm-Verletzung und 23 Tage auf einem Sportunfall. Der Werksarzt habe keine Bedenken gegen seinen Einsatz geäußert. Die Verspätungen seien darauf zurückzuführen, daß er bis September 1995 auch mit dem frühesten Bus nur verspätet zum Dienst erscheinen konnte. Ab September 1995 habe er eine Mitfahrgelegenheit gehabt.
Darüber hinaus hat der Kläger bemängelt, daß der Betriebsrat nicht individuell ausreichend und substantiell informiert worden sei.
Bei den Übernahmegesprächen im März und April 1996 mit dem Betriebsrat sei nicht die Situation jedes einzelnen Auszubildenden berücksichtigt worden. Vielmehr sei darauf abgestellt worden, daß die Auszubildenden nicht übernommen würden, die eine bestimmte Zahl von Arbeitsunfähigkeitszeiten überschritten
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen auf 12 Monate befristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab 28.06.1996 als Verfahrensmechaniker abzuschließen und ihn weiter zu beschäftigen;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen auf mindestens 12 Monate befristeten Arbeitsvertrag als Verfahrensmechaniker ab Rechtskraft der Entscheidung abzuschließen;
hilfsweise,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz in Höhe der Arbeitsvergütung und anteiliger Urlaubsabgeltung für die Dauer von 12 Monaten nach Lohngruppe 6 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß die Bestimmungen des Tarifvertrages nicht dahingehend ausgelegt werden könnten, daß für die Übernahmeentscheidung die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zu krankheitsbedingten Kündigungen herangezogen werden könnten. Unter personenbedingte Gründe fielen alle Gründe, die in der Sphäre des Auszubildenden lägen. Dazu gehörten gegebenenfalls auch verhaltensbedingte Gründe. Die Beklagte sei lediglich verpflichtet, nicht willkürlich ihre Übernahmeentscheidung zu treffen.
Davon könne, so trägt die Beklagte vor, jedoch im Streitfall keine Rede sein. M...