Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Unfallrente auf das Ruhegeld nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes, nachholende Anpassung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anrechnung von Unfallrenten auf das Ruhegehalt verstößt grundsätzlich nicht gegen betriebsrentenrechtliche Anrechnungsverbote.
2. Die mit Beschluss vom 14.12.1983 in Anlehnung an die geänderte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wieder eingeführte Halbanrechnung der Unfallrente in der Leistungsordnung des Bochumer Verbands, begegnet aus dem Gesichtspunkt der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 1 BGB keinen durchgreifenden Bedenken.
3. Die Leistungsordnung des Bochumer Verbands bzw. die Übergangsbestimmungen stellen Allgemeine Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.
Normenkette
BetrAVG § 5; BGB § 307 Abs. 1 S. 1; BetrAVG §§ 16, 30c Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 27.08.2008; Aktenzeichen 4 Ca 4138/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 27.08.2008 – 4 Ca 4138/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anrechnung von Unfallrenten der Bergbau-Berufsgenossenschaft auf die Betriebsrente des Klägers und einen Teuerungsausgleich seit Rentenbeginn.
Der am 22.08.1927 geborene Kläger war bei der Beklagten in den Jahren 1981 bis 1988 als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Steinkohlebergbaus und ist Mitglied des Bochumer Verbandes. Dem Kläger sagte sie Leistungen der betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu. Der Bochumer Verband ist ein Zusammenschluss von Gesellschaften des Bergbaus und sonstiger Unternehmen, die ihren Angestellten betriebliche Versorgungsleistungen auf der Grundlage der vom Verband aufgestellten einheitlichen Leistungsbestimmungen gewähren. Der Verband bündelt die Anpassungsüberprüfung für Betriebsrenten, die von den ihm angeschlossenen Unternehmen gezahlt werden, dreijährig. In der seit dem 01.01.1985 maßgeblichen Leistungsordnung des Bochumer Verbandes (LO 1985) heißt es dazu:
„Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst.”
Der Kläger bezog ab dem 01.08.1988 neben der Knappschaftsrente eine Betriebsrente. Im weiteren Verlauf erhielt der Kläger zusätzliche Rentenzahlungen der Bergbau-Berufsgenossenschaft (BBG) aus der gesetzlichen Unfallversicherung, und zwar ab dem 29.11.1988 eine Rente wegen Silikose und ab dem 13.02.1998 zusätzlich eine Rente wegen eines Blasentumors.
In der LO 1985 ist im hier interessierenden Zusammenhang Folgendes bestimmt:
„§ 8 Anrechnung anderer Leistungen
…
(2) Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des Unfallschadenverbandes werden bei 25 Dienstjahren zur Hälfte, höchstens aber mit dem die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz übersteigenden Teil, auf die Leistungen nach §§ 3 und 4 angerechnet. Wird die gesetzliche Rente durch die Anrechnung der Unfallrente gekürzt, ist die Unfallrente vor Anrechnung auf das Ruhegeld um den Kürzungsbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung zu vermindern. Hat der Angestellte weniger als 25 Dienstjahre erreicht, wird von dem nach Satz 1 anrechenbaren Betrag derjenige Teil angerechnet, der dem vH-Satz nach § 3 Absätze 4 und 9 entspricht.
…
§ 10 Anwendung des § 5 BetrAVG (Auszehrungsverbot)
Die Leistungen werden auf der Grundlage der im Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung geltenden Bemessungsgrundlagen neu ermittelt, wenn andere nach § 8 anzurechnende Leistungen sich nach der letzten Leistungsfeststellung aus anderen Gründen als der Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung ändern, neu festgesetzt werden oder wegfallen.
…”
Für Anwartschaftszeiten bis zum 31.12.1984 bestehen gemäß § 25 Abs. 2 LO 1985 gesonderte Übergangsbestimmungen A zur Einführung der LO 1985 (ÜB-A). Darin heißt es:
„VI. (anstelle § 8) Anrechenbarkeit anderer Leistungen
…
(5) Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des Unfallschadensverbandes werden bei 25 Dienstjahren zur Hälfte, höchstens aber mit dem die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz übersteigenden Teil, auf die Leistungen nach Nr. V und § 4 angerechnet. Hat der Angestellte weniger als 25 Dienstjahre erreicht, wird von dem nach Satz 1 anrechenbaren Betrag derjenige Teil angerechnet, der dem vH-Satz nach Nr. V Absatz 2 entspricht.
…
VIII. (anstelle § 10)
Die Leistungen werden auf der Grundlage der im Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung geltenden Bemessungsgrundlagen neu ermittelt, wenn andere nach Nr. VI anzurechnende Leistungen sich nach der letzten Leistungsfeststellung aus anderen Gründen als der Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung ändern, neu festgesetzt werden oder wegfallen.”
Der Kläger hatte in den Jahren 1981 bis 1984 eine Anwartschaft von 24 % und im Anschluss daran bis 1988 eine weitere ...