Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachtarbeitszuschlag für Fahrer und Beifahrer im Güterfernverkehr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da für Fahrer im Güterfernverkehr die Leistung von Nachtarbeit typisch ist, enthalten die tarifvertraglichen Vergütungsregelungen des Bezirksmanteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe NW vom 15.06.1994 und vom 03.03.2000 bereits einen materiellen Ausgleich iS von § 6 Abs 6 ArbZG (entgegen BAG 26.08.1997 - 1 ABR 16/97-).

2. Daher verstößt § 3 Ziffer 3 des Bezirksmanteltarifvertrags für d gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe NW, wonach Nachtzuschläge für die Fahrer und Beifahrer im Güterverkehr und Möbelverkehr entfallen, nicht gegen § 6 Abs 5 ArbZG.

 

Orientierungssatz

Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 4 AZR 1/01.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts W. vom 19.04.2000 - 2 Ca 287/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahren fallen dem Kläger zur Last.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung und hilfsweise auf bezahlte Freistellung für Nachtarbeitsstunden auf der Grundlage von § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz in Anspruch.

Der am 08.03.1945 geborene Kläger ist seit dem 01.08.1973 zu einem monatlichen Bruttoarbeitsverdienst von 4.750,00 DM bzw. ab Januar 2000 4.850,00 DM als Berufskraftfahrer im Güterfernverkehr und Möbelfernverkehr bei der Beklagten beschäftigt. Der Stundenlohn des Klägers betrug zuletzt 17,36 DM bei 172 Stunden monatlich. Ab der 173. Stunde wird ein 50-%iger Zuschlag für Mehrarbeit gezahlt, der in der Gesamtbruttozahlung enthalten ist.

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Bezirksmanteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein-Westfalens vom 15.06.1994 Anwendung, der durch Tarifvereinbarung vom 03.02.2000 wieder unverändert in Kraft gesetzt wurde.

Dort heißt es unter § 3 Ziffer 3:

"Nachtarbeit

Nachtarbeit in der Zeit von 21.00 bis 5.00 Uhr, soweit sie nicht regelmäßig oder sofern sie als Mehrarbeit geleistet wird, wird je Stunde mit 1/39 des tariflichen Wochenlohnes und einem Zuschlag von 50 & vergütet. Der Zuschlag beträgt bei regelmäßiger Nachtschicht 20 %. Nachtzuschläge entfallen für die Fahrer und Beifahrer im Güterfernverkehr und Möbelfernverkehr."

Der Kläger macht für 43,25 Nachtstunden aus November 1998 375,41 DM brutto geltend. Für den Monat Dezember 1998 begehrt er für 41,05 Stunden Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 360,22 DM. Die Forderungen wurden jeweils außergerichtlich vergeblich geltend gemacht. Auf Bl. 4 und 9 d. A. wird Bezug genommen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Nachtarbeitszuschläge stünden ihm mit Bezug auf § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz zu. Dort heißt es:

"Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren."

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die tarifliche Regelung stehe im Gegensatz zu § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz. Durch den Tarifvertrag werde den Arbeitnehmern auch kein Äquivalent für geleistete Nachtarbeit gewährt. Dem Kläger stehe deshalb der 50%ige Zuschlag zu, hilfsweise ein 20%iger Zuschlag. Der Kläger stützt seine Auffassung auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 26.01.1998, 1 ABR 16/97.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 735,63 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich damit verteidigt, ein Zuschlag für geleistete Mehrarbeit sei nicht zu zahlen, da § 3 Ziffer 3 des Bezirksmanteltarifvertrages dies ausdrücklich nicht vorsehe. Dadurch werde auch § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz nicht berührt, da der Tarifvertrag andere tarifliche Leistungen vorsehe, die als Kompensation für geleistete Mehrarbeit zu werten seien.

Durch Urteil vom 19.04.2000 hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts W.

- 2 Ca 287/00 - die Klage des Klägers abgewiesen, den Wert des Streitgegenstandes auf 735,63 DM festgesetzt und die Berufung zugelassen.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Anspruch aus § 6 Abs. 5 i. V. m. § 2 Abs. 4 Arbeitszeitgesetz auf Zahlung der begehrten Nachtarbeitszuschläge zustünde. Dabei könne dahinstehen, ob der Bezirksmanteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe NW vom 15.06.1994 in anderen tarifvertraglichen Regelungen eine Kompensation für geleistete Nachtarbeit der Fahrer und Beifahrer im Güterfernverkehr und Möbelverkehr vorsehe, so dass aus diesem Grunde schon ein Anspruch aus § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz nicht gegeben sei. Der Kläger habe nämlich trotz ausdrücklichen Hinweises

des Gerichts vom 10.03.1999 ...

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