Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Wiedereinstellung nach einem Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob in einem Kleinbetrieb ein Anspruch auf Wiedereinstellung entsteht, wenn es nach der wegen Stilllegung ausgesprochenen Kündigung doch noch zu einem Betriebsübergang kommt.
Leitsatz (redaktionell)
1. Einem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer kann ein Wiedereinstellungsanspruch zustehen, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt. Nach Ablauf der Kündigungsfrist kommt ein Wiedereinstellungsanspruch gegen den Betriebserwerber nur ausnahmsweise in Betracht.
2. Dabei bedarf es auch im Falle eines nachträglichen Betriebsübergangs der Prüfung, ob dem Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegen stehen. Insbesondere ergibt sich ein Wiedereinstellungsanspruch der gekündigten vormaligen Arbeitnehmer nicht stets daraus, dass es entgegen der Annahme bei Ausspruch der Kündigung doch zu einem Betriebsübergang gekommen ist.
3. In einem Kleinbetrieb ist ein Anspruch auf Wiedereinstellung jedoch grundsätzlich ausgeschlossen.
Normenkette
BGB § 242; KSchG § 23; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Aktenzeichen 4 Ca 1617/14) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 05.11.2014 - 4 Ca 1617/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt nach einem Betriebsübergang ihre Wiedereinstellung durch die Betriebsnachfolgerin.
Der 1958 geborene, verwitwete und einem in ihrem Haushalt lebenden, arbeitslosen Sohn zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war bei der zu 1) beklagten Apothekerin seit 1997 als pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.800,00 € bei 21 Wochenstunden beschäftigt.
Die Beklagte zu 1) beschäftigte in ihrer Apotheke regelmäßig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Von den zuletzt regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern standen neben der Klägerin nur vier Arbeitnehmer bereits vor dem 01.01.2004 in einem Arbeitsverhältnis, nämlich der vorexaminierte Apothekenangestellte X. mit 22 Stunden wöchentlich (ab 01.03.1987), der PTA K., Bruder der Beklagten zu 1), mit 39 Stunden wöchentlich (ab 01.09.1986), seine Ehefrau, die pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin (PKA) K., mit 20,5 Wochenstunden (ab 01.09.1986) sowie die Reinigungskraft Frau T. mit 9 Stunden pro Woche.
Mit Schreiben vom 28.11.2013 kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis der Klägerin wie auch der übrigen Beschäftigten zum 30.06.2014. Dabei berief sie sich auf gesundheitliche Gründe, die zur Schließung der Apotheke zu diesem Zeitpunkt zwängen.
Die Klägerin erhob keine Kündigungsschutzklage.
Die Beklagte zu 1) führte die Apotheke über dem 30.06.2014 hinaus weiter. Nach einem zwischen ihr und der Beklagten zu 2) unter dem 15.07.2014 geschlossenen Vertrag erfolgte die Übertragung und Übergabe der Apotheke sowie des Warenlagers auf die Beklagte zu 2) zum 01.09.2014. Gemäß § 6 des Kaufvertrages verpflichtete sich die Beklagte zu 2) zur Übernahme der Eheleute K. sowie der Frau T.. Diese wurden durchgehend über den 31.08.2014 hinaus weiterbeschäftigt.
Mit ihrer am 29.07.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin zunächst von der Beklagten zu 1) die Annahme ihres Angebots auf Neuabschluss eines Arbeitsvertrages zu den bisherigen Bedingungen sowie Auskunft über die nachfolgende Inhaberin der Apotheke begehrt. Nach Erteilung der Auskunft mit Schriftsatz vom 01.09.2014 hat die Klägerin mit einem am 06.10.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Klage auf Annahme ihres Angebots zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den zur Beklagten zu 1) zuletzt geltenden Bedingungen zusätzlich gegen die Beklagte zu 2) gerichtet. Der Schriftsatz wurde der Beklagten zu 2) am 07.10.2014 zugestellt.
Die Klägerin hat behauptet, im Juli 2014 erfahren zu haben, dass die Apotheke nicht geschlossen worden sei. Alle Arbeitnehmer mit Ausnahme ihrer Person seien von der Beklagten zu 1) offensichtlich weiterbeschäftigt worden und zwar bis zum 31.08.2014, um dem Betriebserwerber die Übernahme einer funktionierenden Apotheke mit ausreichendem Kundenstamm zum 01.09.2014 zu ermöglichen. Die Beklagte zu 1) habe schon vor Ablauf der Kündigungsfrist vorgehabt, die Apotheke zu veräußern. Die Möglichkeit hierzu sei nicht erst Ende Juni 2014 entstanden. Die Beklagte zu 2) sei mit dem Sohn der Beklagten zu 1), der ebenfalls Apotheker ist, befreundet. Von diesem sei sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt über die Kaufmöglichkeit in Kenntnis gesetzt worden. Die Klägerin hat im Übrigen gemeint, sie sei schutzbedürftiger als das kinderlose Ehepaar K..
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu 1. zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als pharmazeutisch-technische Assistentin zu einem Monatsbruttogehalt in Höhe von € 1.800,00 und...