Entscheidungsstichwort (Thema)
Informierung des Personalrats durch den Arbeitgeber im Hinblick auf die Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts bei der Durchführung der Mitbestimmung zur Befristung. Prüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle durch den Personalrat
Leitsatz (amtlich)
Bei der Durchführung der Mitbestimmung zur Befristung hat der Arbeitgeber den Personalrat so zu informieren, dass dieser sein Mitbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Der Personalrat soll prüfen können, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Bei § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten Bestandteil der Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Befristung. Das Überprüfungsrecht ist nicht für Bereiche ausgeschlossen, in denen eine unbefristete Beschäftigung nicht vorgesehen ist.
Normenkette
WissZeitVG § 2 Abs. 1 S. 1; LPVG NW § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 66 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 04.05.2023; Aktenzeichen 6 Ca 2250/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 04.05.2023 - 6 Ca 2250/22 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags.
Der am 05.02.1985 geborene, verheiratete und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.08.2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der beklagten Universität, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, in Vollzeit beschäftigt und in der Entgeltgruppe 13 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) eingruppiert. Er verfügt über einen Diplomabschluss im Bereich Maschinenbau - Microengineering mit dem Schwerpunkt Mechatronik und Mikrosystemtechnik und wurde im Bereich der Lehre des Fachbereichs Maschinenbau eingesetzt. Der Kläger arbeitet an seiner Promotion.
Die Beschäftigung erfolgte im Rahmen mehrerer befristeter Arbeitsverträge auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Der erste Arbeitsvertrag vom 01.08.2014 (Bl. 7 f. der erstinstanzlichen Akte), der eine Befristung zum 30.07.2016 vorgesehen hatte, war aufgrund in Anspruch genommener Elternzeit bis zum 30.08.2016 verlängert worden.
Im Anschluss war der Kläger im Rahmen eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags (Bl. 10 f. der erstinstanzlichen Akte) mit einer Vertragslaufzeit vom 31.08.2016 bis zum 31.08.2019 tätig. Mit Schreiben vom 19.08.2019 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten wissenschaftlichen Personalrat zu der Verlängerung dieses Arbeitsvertrags für die Zeit vom 01.09.2019 bis zum 26.11.2019 an. Wegen des Inhalts des Anhörungsschreibens zur "Weiterbeschäftigung (Verlängerung des Arbeitsvertrags aufgrund von Elternzeiten)" wird auf die Anlage B2 (Bl. 85 der erstinstanzlichen Akte) Bezug genommen. Das beigefügte Informationsschreiben vom 16.08.2019 (Bl. 86 f. der erstinstanzlichen Akte) enthielt u.a. einen Hinweis auf die Vorbeschäftigung des Klägers vom 31.08.2016 bis zum 31.08.2019 und Angaben zu den Elternzeiten.
Mit Schreiben vom 13.11.2023 beantragte die Beklagte die Zustimmung des wissenschaftlichen Personalrats zur der befristeten Weiterbeschäftigung des Klägers vom 27.11.2019 bis zum 30.11.2022. Das Schreiben (Bl. 78 der erstinstanzlichen Akte) enthielt einen Hinweis auf die "Weiterbeschäftigung" des Klägers auf der Grundlage einer Befristung nach § 2 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG (Phase 1 - Promotion). Ob der "Antrag für die Beschäftigung wissenschaftlichen Personals" vom 28.08.2019 sowie die "Angabe des Qualifizierungsziels bei befristeten Beschäftigungen nach WissZeitVG" (Bl. 79 ff. der erstinstanzlichen Akte) der Personalratsanhörung beigefügt waren, ist zwischen den Parteien streitig. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten Maßnahme am 21.11.2019 zu. Im Anschluss schlossen die Parteien im November 2019 einen Arbeitsvertrag (ohne Datum) für die Zeit vom 27.11.2019 bis 30.11.2022 (Bl. 4 ff. der erstinstanzlichen Akte).
Mit seiner am 21.11.2022 bei dem Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage wandte sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Befristungsabrede aus dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag.
Er hat erstinstanzlich behauptet, aufgrund der umfangreichen Unterstützung der Lehrtätigkeit im Fachbereich des Professor A. sei er voll ausgelastet gewesen. Er habe keine ausreichende Zeit zur Anfertigung seiner Promotion gehabt. Die Befristung habe daher nicht der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gedient.
Die vereinbarte Befristung sei jedenfalls aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des zuständigen wissenschaftlichen Personalrats unwirksam. Die Beklagte hätte dem Personalrat sämtliche Vorbeschäftigungszeiten mitteilen müssen. Nur dann wäre eine umfängliche Überprüfung der Rechtmäßigke...