Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des von der Arbeitgeberin zu tragenden Teils der betrieblichen Altersversorgung nach einem Betriebsübergang in der Insolvenz
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz haftet der Erwerber nicht für die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits erdiente endgehaltsbezogene Dynamik. Er hat die Gegenleistung für die dienstzeitabhängigen Steigerungsraten der Betriebsrente bis zur Insolvenzeröffnung bereits erbracht.
2. Soweit sich eine Differenz daraus ergibt, dass der Pensionssicherungsverein aufgrund der Veränderungssperre in § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG i.V.m. § 2 Abs. 5 BetrAVG den von ihm zu tragenden Anteil der Betriebsrente auf der Grundlage des Gehalts zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung berechnet und die bis dahin erdiente endgehaltsbezogene Dynamik aufgrund der zeitratierlichen Berechnung auch nicht vom Erwerber geschuldet ist, kann der Arbeitnehmer diese Differenz nach den Verteilungsgrundsätzen der Insolvenz im Insolvenzverfahren geltend machen. Für die Berechnung der Anspruchshöhe ist dabei die künftige Gehaltsentwicklung auf der Tatsachengrundlage, so wie sie im Insolvenzzeitpunkt gegeben ist, zu schätzen.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 5; BGB § 613a Abs. 1; InsO §§ 45, 191 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; RL 2001/23/EG Art. 5; EGRL 94/2008 Art. 8; EURL 50/2014 Art. 5; BetrAVG §§ 2a, 7 Abs. 2-4, § 9 Abs. 2, § 30g Abs. 1; InsO §§ 198, 203 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Entscheidung vom 24.05.2016; Aktenzeichen 1 Ca 1082/15 lev) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 24.05.2016 - 1 Ca 1082/15 lev - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang des von der Arbeitgeberin zu tragenden Teils der betrieblichen Altersversorgung.
Der am 29.11.1970 geborene Kläger war seit 01.08.1990 zunächst als Auszubildender und ab dem 28.01.1993 auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 04.02.1993 unter Anrechnung seiner vorangegangenen Ausbildungszeit bei der U. GmbH (im Folgenden T-GmbH) beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag hieß es u.a.:
"4.
Altersversorgung
Bei der Firma besteht eine Altersversorgung, die sich zurzeit in Bearbeitung befindet und nach Abschluss Gegenstand dieses Vertrages wird."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Anstellungsvertrag Bezug genommen. Bei der T-GmbH bestand die Gesamtbetriebsvereinbarung "Pensionsordnung für Betriebsangehörige der Firma U. GmbH, M." vom 28.09.1979 geltend ab dem 01.01.1980 (im Folgenden PO 1979). In dieser hieß es u.a.:
"§ 1
Kreis der Pensionsberechtigten
1.Die Firma gewährt ihren Betriebsangehörigen, sofern die nachstehenden Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, bei Eintritt des Versorgungsfalles Pensionsleistungen. ...
§ 2
Arten der Pensionsleistungen
1.Die Leistungen nach dieser Pensionsordnung bestehen in der Zahlung von laufenden Pensionen. Sie werden gewährt als Altersrente, als Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrenten, als Witwen- und Waisenrenten.
...
§ 3
Voraussetzungen für die Pensionsleistungen
1.Der Anspruch auf Pensionsleistungen entsteht nach Eintritt des Versorgungsfalles, wenn bis zu diesem Zeitpunkt von dem Betriebsangehörigen das 30. Lebensjahr vollendet und eine Wartezeit von 5 (fünf) anrechenbaren Dienstjahren erfüllt ist.
...
§ 4
Höhe der Pensionsleistungen
1.Die Pension an die Betriebsangehörigen (Altersrenten, Invalidenrenten) ergeben sich aus den Steigerungsbeträgen nach Dienstjahren und bei vorzeitigen Versorgungsfällen evtl. aus Zurechnungszeiten. Für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr beträgt der Steigerungssatz 0,5% der ruhegeldfähigen Bezüge. Der Höchstsatz der Rente wird auf 22,5 % festgelegt; dieser wird nach 45 Dienstjahren erreicht. Bei Invalidität oder bei Ableben des Betriebsangehörigen vor Vollendung des 55. Lebensjahres wird bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Zeiten die Zeit zwischen dem Eintritt des Versorgungsfalles und der Vollendung des 55. Lebensjahres als Dienstjahre hinzugerechnet.
...
§ 5
Anrechnungsfähige Dienstjahre
1.Als anrechnungsfähige Dienstjahre gelten alle von dem Betriebsangehörigen nach Vollendung des 20. Lebensjahres ohne Unterbrechung in den Diensten der Firma verbrachten vollen Jahre. Angefangene Dienstjahre von mehr als 6 Monaten gelten als volles anrechnungsfähiges Dienstjahr.
...
§ 6
Berechnungsgrundlage der betrieblichen Altersversorgung
1.Für die Errechnung der Pensionsleistungen wegen Erreichen der Altersgrenze ist der ein Jahr vor dem Ausscheiden zum nächstmöglichen Stichtag - 1. Januar / 1. Juli - gültige Bruttomonatsbetrag maßgebend; für die Errechnung von Invalidenversorgung oder Hinterbliebenenversorgung eines in Diensten der Firma verstorbenen Betriebsangehörigen gilt dagegen der vor Eintritt des Versorgungsfalles am letzten Stichtag - 1. Januar / 1. Juli - maßgebende Brutto-Monatsbetrag.
... "
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gerei...