Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltforzahlung im Krankheitsfall nach §49 MTV für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz i.d.F. vom 17.3.1992. tarifliche Friedenspflicht bei deklaratorisch dynamischer Verweisungsklausel
Leitsatz (amtlich)
1. §49 des Manteltarifvertrages für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 17.03.1992 enthält hinsichtlich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine deklaratorisch dynamische Regelung. Die tarifgebundenen Arbeitnehmer haben im Krankheitsfall nur Anspruch auf 80 % Entgeltfortzahlung.
2. Bei einer bloß deklaratorisch dynamischen tariflichen Verweisungsklausel besteht keine tarifvertragliche Friedenspflicht (Abweichung von LAG Düsseldorf Urteil vom 17.09.1997 4 Sa 668/97 – LAGE §4 TVG Nr. 6).
3. §10 BUrlG ist tarifdispositiv.
Normenkette
EFZG § 4; BUrlG § 10
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 09.10.1997; Aktenzeichen 9 Ca 5074/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom09.10.1997 – 9 Ca 5074/97 – teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich Ziffer 2 des Urteilstenors abgewiesen; im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die unselbständige Anschlußberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die allein der Kläger zu tragen hat.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien. Tarifvertragsparteien der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Rheinland-Pfalz, streiten über die Auslegung ihres Manteltarifvertrages (MPR) i.d.F. vom 17.3.1992 in bezug auf die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, die tarifvertragliche Friedenspflicht, die Anrechnung von Krankheitstagen auf den Erholungsurlaub und die Urlaubsanrechnung bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation.
Der MRP lautet auszugsweise wie folgt:
Arbeitszeit …
12.3 Zu bezahlende freie Tage, an denen keine Arbeitsleistung erbracht wird, werden bis 30.06.1995 mit jeweils 7,4 Stunden, ab 01.07.1995 mit jeweils 7,2 Stunden, ab 01.07.1997 mit jeweils 7 Stunden angesetzt. Sie werden auf die Wochenarbeitszeit angerechnet.
Arbeitsunterbrechung und Arbeitsversäumnis …
49. Ab 01.07.1994 gelten für die Entgeltfortzahlung bei Arbeitsversäumnis infolge Krankheit die gesetzlichen Bestimmungen. Bis dahin gelten in Fällen der Ziffer 12. (3): es werden 7,4 Stunden mit dem persönlichen tatsächlichen Stundenverdienst ohne Zuschläge Ziffer 34. A) bis c) vergütet.
Urlaubsanspruch …
69. Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts.
70. Der Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft. Der Urlaubsanspruch ist deshalb grundsätzlich durch Freistellung von der Arbeit zu erfüllen.
Urlaubsdauer …
84. Der tarifliche Urlaub gemäß Ziffer 76 beträgt 30 Urlaubstage.
85. (1) Bei Krankheit kann, wenn die Arbeitsunterbrechung länger als fünf Monate im gleichen Urlaubsjahr dauert, der Urlaub für jeden weiteren angefangenen Monat um 1/12 gekürzt werden. Ist die Krankheit die Folge eines Betriebsunfalles oder gehört der Arbeitnehmer dem Betrieb länger als fünf Jahre an, so ist der Urlaub in voller Höhe zu gewähren. Ein Arbeitnehmer kann jedoch höchstens so viele Urlaubstage beanspruchen, wie er Arbeitstage im Kalenderjahr geleistet hat.
(2) Bei Aussetzen der Arbeit auf Wunsch des Arbeitnehmers mit Zustimmung des Arbeitgebers ist der Urlaub für jeden halben Monat der Arbeitsunterbrechung um 1/24 des Jahresurlaubs zu kürzen.
Vor der am 01.04.1985 wirksam gewordenen Arbeitszeitverkürzung galten nach Zif. 49 MRP i.F. vom 29.10.1994 für die Entgeltfortzahlung bei Arbeitsversäumung infolge Krankheit die gesetzlichen Bestimmungen. Ab 01.04.1985 kam auszugsweise folgende Regelung hinzu:
In Fällen der Ziffer 12. (3) werden 7,7 Stunden mit dem persönlichen tatsächlichen Stundenverdienst ohne Zuschläge Ziffer 34. A) bis c) vergütet.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Ziffer 49 MRP stelle eine deklaratorische Verweisungsklausel ohne eigenen Regelungscharakter dar. Sie begründe jedoch die tarifvertagliche Friedenspflicht bezüglich des Regelungskomplexes Entgeltfortzahlung. Darüber hinaus enthielten §§ 4 a EFZG, 10 BUrlG keinen Eingriff in die Tarifautonomie. Die Dauer des tariflichen Urlaubes werde schon im Hinblick auf §§ 4 a Abs. 1 S. 3 EFZG, 10 Abs. 1 S. 2 BUrlG von der gesetzlichen Neuregelung nicht berührt.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß Ziffer 49 des Manteltarifvertrages für die Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie Rheinland-Pfalz (MRP) vom 17.03.1992 so auszulegen ist, daß die jeweiligen Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse Anwendung finden;
- festzustellen, daß Ziffer 49 MRP und alle sonstigen Regelungen des Tarifvertrages bezüglich des Regelungskomplexes Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zwischen den Tarifvertragsparteien die tari...