Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei tariflicher Regelung und Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften/Umfang der Friedenspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Eine tarifliche Regelung, wonach für die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsversäumnis durch Krankheit die gesetzlichen Vorschriften gelten, macht den jeweiligen Inhalt der gesetzlichen Vorschriften zum Gegenstand der tariflichen Regelung mit der Folge, daß sich bei Änderungen der gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung auch eine Änderung der tariflichen Regelung ergibt.
2. Eine solche tarifliche Regelung begründet zugleich die Friedenspflicht der Tarifvertragsparteien, weil es danach dem Willen der Tarifvertragsparteien entspricht, die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung zum Gegenstand der tariflichen Regelung zu machen.
Normenkette
Manteltarifvertrag (MTS) für die Holzbearbeitung sowie den Holzhandel im Land NRW vom 08.03.1995
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.03.1997 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Tarifvertragsparteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich ihres Manteltarifvertrages (MTS) für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08.03.1995.
Ziffer 54 des MTS enthält folgende Regelung:
Arbeitsversäumnis durch Krankheit
- Für die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsversäumnis durch Krankheit gelten die gesetzlichen Vorschriften.
- Für den Zeitraum einer nicht mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen ärztlichen verordneten Schonungszeit im Anschluß an eine Kur, die von einem Träger der Sozialversicherung, einer Verwaltungsbehörde, der Kriegsopferversorgung oder einem sonstigen Sozialleistungsträger bewilligt wird und für die der Träger oder die Verwaltungsbehörde die vollen Kosten übernimmt, erhält der Arbeitnehmer als Zuschuß zu den Barleistungen des Trägers oder der Verwaltungsbehörde den Unterschiedsbetrag bis zur Höhe seines Nettoverdienstes, soweit der Entgeltfortzahlungsanspruch der Höhe nach noch nicht erfüllt ist.
Ziffer 72 des MTS regelt folgendes:
Urlaub
Der Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft. Der Urlaubsanspruch ist deshalb grundsätzlich durch Freistellung von der Arbeit zu erfüllen. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erfordern.
Der MTS regelt in Ziffer 86:
Urlaubsdauer
Bei Krankheit kann, wenn die Arbeitsunterbrechung länger als fünf Monate im gleichen Urlaubsjahr dauert, der Urlaub für jeden weiteren angefangenen Monat um ein Zwölftel gekürzt werden, Ist die Krankheit die Folge eines Betriebsunfalls oder gehört der Arbeitnehmer dem Betrieb länger als zehn Jahre an, so ist der Urlaub in voller Höhe zu gewähren.
Hat der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr weniger als 24 Tage tatsächlich gearbeitet, so hat er für je zwei Arbeitstage Anspruch auf einen Urlaubstag, sofern sich nicht nach Absatz 1 ein niedrigerer Urlaubsanspruch ergibt
Der Kläger ist der Auffassung, daß die seit dem 01.10.1996 in Kraft getretene Änderung der §§ 3, 4, 4 a des Entgeltfortzahlungsgesetzes unmittelbar für die tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse im Anwendungsbereich des MTS gegolten hätten, weil die Regelungen des MTS allein darauf hingewiesen hätten, daß für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall die gesetzliche Regelung in dem Zeitpunkt gelte, in dem ein solcher Anspruch entsteht.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß NR. 54 a) des Manteltarifvertrags für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen (im folgenden MTS) vom 08. März 1995 so auszulegen ist, daß auch Artikel 3 des Arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996, Bundesgesetzblatt I, NR. 48 vom 27.09.1996, S. 1476) geändert/eingefügten Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (§§ 3, 4, 4 a, 4 b, 9 und 13) ab 01. Oktober 1996 auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse Anwendung finden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat sie beantragt.
festzustellen, daß Ziffern 54 a) und b) und 72 des Manteltarifvertrages für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08. März 1995 (MTS) so auszulegen sind, daß die durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996, Bundesgesetzblatt I, Nr. 48 vom 27. September 1996, Seite 1476) in Artikel 3 geänderten Vorschriften der §§ 3 und ...