Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Informationspflicht bei einem Betriebsübergang. Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers bei unterbliebener Unterrichtung über den Verlust des Kündigungsschutzes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den rechtlichen Folgen des Übergangs, über die nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu informieren ist, zählt auch der Umstand, dass die von einem Betriebsteilübergang betroffenen Arbeitnehmer beim Erwerber mangels Erfüllens der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG mehr genießen werden.

2. Über die rechtliche Folge des Verlustes des Kündigungsschutzes nach dem KSchG ist dabei unabhängig davon zu unterrichten, ob beim Erwerber tatsächlich Kündigungen geplant oder auch nur absehbar sind.

3. Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB ist noch nicht verwirkt, wenn die Widerspruchsfrist mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht zu laufen begonnen hat und der Widerspruch dann 22 Monate nach dem Betriebsteilübergang erfolgt ist und der Arbeitnehmer in dieser Zeit über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses nicht disponiert hat, sondern es lediglich zu unwesentlichen Änderungen im Vertragsinhalt und ansonsten einer widerspruchslosen Weiterarbeit gekommen ist.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 5-6, § 242; KSchG § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.01.2017; Aktenzeichen 1 Ca 5662/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.01.2017 - Az.: 1 Ca 5662/16 - abgeändert:

    1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 22.09.2010 als Asset Manager ABS am Standort E. zu beschäftigen.
  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und dabei konkret über die Wirksamkeit eines Widerspruchs des Klägers gegen einen Betriebsteilübergang.

Der Kläger war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.09.2010 (Blatt 32 ff. der Akte) seit dem 01.04.2011 bei der Beklagten als Asset Manager ABS gegen ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt 8.722,- € beschäftigt. Er gehörte dem sogenannten Structured Credit Team an, welches lediglich aus fünf Mitarbeitern bestand, während insgesamt bei der Beklagten im zweiten Halbjahr 2014 noch ca. 190 Arbeitnehmer beschäftigt waren.

Mit Schreiben vom 22.07.2014 wurde der Kläger durch die Beklagte, seinerzeit noch firmierend als N. Investment Management GmbH, und die B. Limited über einen Betriebsteilübergang des Structured Credit Teams zum Stichtag 08.12.2014 auf die B. Limited informiert, von dem auch sein Arbeitverhältnis gemäß § 613a BGB betroffen sei. Das Unterrichtungsschreiben, welches der Kläger am 28.07.2014 erhalten hat, das am Schluss eine Belehrung über das Widerspruchsrecht enthält und wegen dessen Inhalts im Übrigen auf Blatt 40 - 45 der Akte Bezug genommen wird, lautet auszugsweise wörtlich wie folgt:

"Die N. Investment Management GmbH (im Folgenden auch "N.") hat sich entschieden, den unten unter Ziffer 1. näher beschriebenen Betriebsteil ihres Betriebes am Standort E. (im Folgenden "Betriebsteil") an die B. Limited, (...), M. (...) zu übertragen. B. wird die Eintragung als Zweigniederlassung im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf beantragen, sobald die bereits beantragte Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vorliegt; die Eintragung soll zum geplanten Zeitpunkt des Betriebsteilüberganges erfolgt sein. (...)

B., eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist ein weltweit tätiges Asset Management Unternehmen mit Hauptsitz in M. und eine 100%ige Tochter der The Bank of O. Z. N. Corporation mit Hauptsitz in O. Z.. Die The Bank of O. Z. N.-Gruppe ist weltweit tätig und beschäftigt ca. 51.000 Mitarbeiter. B. beschäftigt 94 Mitarbeiter an den Standorten M. (59), O. Z. (26) und C. (9). Die Geschäftsfelder von B. decken das komplette Spektrum der Investmentmöglichkeiten ab (...)

Dem Übergang der Arbeitsverhältnisse liegt ein Outsourcing des Investment Managements für eine Anzahl von Spezialfonds und Portfoliomanagementmandaten sowie ein Advisory-Mandat von N. zu B. zugrunde. (...)

Die Entscheidung, den Betriebsteil von N. auf B. zu übertragen, beruht auf der Überlegung, dass damit eine Bündelung des Geschäfts bei B. ermöglicht wird und eine klarere Zuordnung von Ressourcen innerhalb der Gruppe erfolgt. Dies versetzt uns in die Lage, die Qualität unserer Dienstleistungen für unsere Kunden zu verbessern.

Der Betriebsteil wird vorausichtlich zum 08. Dezember 2014 übergehen. Der Tag des tatsächlichen Betriebsteilübergangs wird nachfolgend als "Stichtag" bezeichnet.

Infolge des beschriebenen Betriebsteilübergangs wird Ihr Arbeitsverhältnis am Stichtag gemäß § 613a BGB direkt von N. auf B. übertragen. (...)

2. Arbeitgeberwechsel

Die beschriebene Übertragung de...

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