Zulassung: Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit, Auslegung einer Tarifvorschrift
Leitsatz (amtlich)
1) Ein Anspruch auf einen geänderten Arbeitsvertrag mit verlängerter Arbeitszeit nach § 3 Abs. 7 MTV besteht schon dann, wenn der Arbeitnehmer im Durchschnitt der letzten 17 Wochen über 20 % der einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Es kommt nicht darauf an, dass diese Mehrarbeit in jeder der 17 Wochen geleistet wurde.
2) Bei der Berechnung der Arbeitszeit sind auch die Zeiten von Betriebsratstätigkeiten außerhalb der Arbeitszeit hinzuzuzählen, wenn kein Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG stattgefunden hat.
Normenkette
MTV für den Einzelhandel § 3
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 04.11.2005; Aktenzeichen 3 Ca 2386/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 04.11.2005 – 3 Ca 2386/05 – teilweise abgeändert:
Auf den Hilfsantrag der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Änderungsvertrages mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 27,6 Stunden mit Wirkung zum 01.08.2005 anzunehmen.
2. Die weitergehende Klage der Klägerin wird abgewiesen, die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin mit einem Arbeitszeitvolumen von 29 Stunden pro Woche zu beschäftigen.
Die am 24.10.1963 geborene Klägerin ist seit dem 1997 bei der Beklagten, die deutschlandweit Drogeriemärkte betreibt, als Verkäuferin in Teilzeit beschäftigt. Der zur Zeit gültige Arbeitsvertrag vom 05.03.2004 sieht ab dem 01.05.2004 eine wöchentliche Arbeitszeit von 13 Stunden und ein dafür zu zahlendes Bruttomonatsgehalt von 674,70 EUR vor.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden im Übrigen die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. In diesem MTV heißt es im § 3 Abs. 7 wie folgt:
„Teilzeitbeschäftigte, die zusammenhängend 17 Wochen über 20 % der einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeit hinaus gearbeitet haben, haben Anspruch auf einen Arbeitsvertrag, der dem Durchschnitt der tatsächlich geleisteten Arbeit innerhalb dieser 17 Wochen entspricht. Eine Erhöhung erfolgt nur bis zur tariflichen Höchstarbeitszeit gemäß § 2 Absatz 1. Bei der Berechnung werden die Monate November und Dezember sowie individuelle Urlaubszeiten und Krankheitszeiten bis 6 Wochen nicht berücksichtigt. Hierdurch wird der Zusammenhang nicht unterbrochen. Abweisungen in Betriebsvereinbarungen sind möglich. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf von 3 Monaten nach Vorliegen der Voraussetzungen, wenn er nicht innerhalb dieser Frist gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht wird. Die Regelung in diesem Absatz gilt ab dem 01.08.2003.”
Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen und tarifvertraglichen Grundlagen wird darüber hinaus auf Bl. 41 ff. d. A. verwiesen.
Die Klägerin, die Mitglied einer der bei der Beklagten gebildeten Betriebsräte ist, hätte nach zuletzt nicht mehr bestrittener Darstellung der Beklagten in den ersten 17 Kalenderwochen des Jahres 2005 insgesamt 195 Sollstunden zu erbringen gehabt. Tatsächlich arbeitete sie in diesem Zeitraum 392,10 Stunden. Im Rahmen der Mehrarbeit entfielen dabei 63,25 Stunden auf ihre Tätigkeit als Betriebsrätin. Wegen des Umfanges der Soll- und Iststunden im streitbefangenen Zeitraum wird im Übrigen auf Bl. 108 d. A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 08.07.2005 und 08.08.2005 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 29 Stunden geltend. Dies lehnte die Beklagte ab.
Mit ihrer am 14.09.2005 beim Arbeitsgericht Duisburg anhängig gemachten Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie hat die Auffassung vertreten, aus dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung im § 3 Abs. 7 MTV folge, dass sie in dem Referenzzeitraum von 17 Wochen im Durchschnitt über 20 % der einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeit hätte leisten müssen. Darüber hinaus wären bei der Berechnung der tatsächlichen Arbeitszeit auch die außerhalb der Dienstzeit angefallenen Betriebsratstätigkeiten mitzuzählen, weil diese entgegen § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gerade nicht durch Freizeit ausgeglichen worden seien. Nach allem wäre die Beklagte jedenfalls verpflichtet, die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin entsprechend des Verhältnisses der geleisteten zur geschuldeten Arbeitszeit zu erhöhen, und zwar um den Faktor 2,13. Dies ergebe eine Wochenstundenzahl von 29 Stunden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29 Stunden in der Woche zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die K...