Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Altersteilzeit
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 2 Abs. 1 lit. b und lit. c des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 i. d. F. des Änderungsvertrages Nr. 2 vom 30.06.2000 wird dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf Abschluss des Änderungsvertrages eingeräumt. Er hat aber einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber seinen Antrag auf Wechsel in die Altersteilzeit nach den Grundsätzen billigen Ermessens (§ 315 Abs. 1 BGB entsprechend) überprüft (st. Rspr., z. B. BAG 14.10.2008 – 9 AZR 511/07 – Rz. 17 juris; BAG 17.08.2010 – 9 AZR 414/09 – Rz. 31 ff. juris).
2. Die Ermessensentscheidung schliesst generelle Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in die Praxis umsetzt, nicht aus (ebenso BAG 17.08.2010 – 9 AZR 414/09 – EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 33). In eine weitergehende Prüfung der zu berücksichtigenden Belange muss der Arbeitgeber danach erst dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer über die im Tarifvertrag normierten Anspruchsvoraussetzungen hinaus auf seinen Fall bezogene Umstände darlegt (ebenso BAG 12.12.2000 – 9 AZR 706/99 – EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 1).
Normenkette
TV ATZ
Verfahrensgang
ArbG Essen (Aktenzeichen 3 Ca 587/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen – 3 Ca 587/11 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell hat.
Der am 22.07.1952 geborene Kläger ist seit dem 01.05.1981 bei der Beklagten als Sachbearbeiter zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.903,25 EUR tätig. Ausweislich des Abhilfebescheids der Stadt Essen vom 26.03.2010 ist der Kläger ab dem 31.08.2009 als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme u. a. der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit vom 05.05.1998 i. d. F. des Änderungsvertrages Nr. 2 vom 30.06.2000 (TV ATZ) Anwendung.
Der TV ATZ lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 2 Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die
- das 55. Lebensjahr vollendet haben,
- eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und
- innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.
§ 3 Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit
(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.
Als bisherige wöchentliche Arbeitszeit ist die wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, die mit dem Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Zugrunde zu legen ist höchstens die Arbeitszeit, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit nach Satz 2 dieses Unterabsatzes bleiben Arbeitszeiten, die die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschritten haben, außer Betracht. Die ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit kann auf die nächste volle Stunde gerundet werden.
(2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie
- in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder
- durchgehend geleistet wird (Teilzeitmodell).
(3) Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird.
…”
Das Bundesministerium des Innern (BMI) teilte mit...