Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Kündigungsschutzverfahren gegen eine Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9, S. 1 KSchG ist nicht möglich und ein Auflösungsantrag ist unzulässig, wenn der Arbeitnehmer das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 9, S. 1 KSchG.
2. Eine über den Wortlaut des § 9, S. 1 KSchG hinausgehende Auslegung der Norm scheidet aus.
Normenkette
KSchG § 2 S. 1, § 4 S. 2, §§ 8, 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 18.04.2012; Aktenzeichen 4 Ca 3381/11) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch um die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte erledigt Tief- und Straßenbauarbeiten und beschäftigt den Kläger seit 21.10.1985 als Baumaschinenführer zu einem Bruttomonatsentgelt von 3.500,00 € gemäß der Lohngruppe 5 des einschlägigen Tarifvertrags.
Am 14.12.2011 sprach die Beklagte dem Kläger eine Kündigung zum 31.07.2012 aus und bot ihm die Weiterbeschäftigung ab 01.08.2012 zu den Bedingungen der Lohngruppe 4 an. Der Kläger nahm das in der Änderungskündigung enthaltene Angebot unter Vorbehalt an und erhob am 20.12.2011 Änderungskündigungsschutzklage.
Der Kläger hat zur Begründung seines Auflösungsantrags vorgetragen, die Beklagte habe ihn vor Ausspruch der Kündigung immer wieder schikaniert und grob gegen vertragliche und gesetzliche Bestimmungen verstoßen. 2009 habe sie ihn mehrfach mit Hilfsarbeiten und Straßenfegen beschäftigt, obwohl er Baumaschinenführer sei. Ein Mitarbeiter habe ihm gesagt, dies sei geschehen, weil er krank und Betriebsrat gewesen sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm erklärt, er habe von Arbeitskollegen gehört, der Kläger rede zu viel statt zu arbeiten. Als er einem Angestellten mitgeteilt habe, die Reifen eines Baggers müssten erneuert werden, habe dieser gesagt, wenn er die Arbeit nicht aufnehmen wolle, müsse er es ihm sagen. Damit sei ihm zu Unrecht unterstellt worden, er verweigere die Arbeit. Bei der Betriebsratswahl im Frühjahr 2010 sei er nicht wieder gewählt worden, weil der Geschäftsführer der Beklagten allen Mitarbeitern gesagt habe, wenn sie den Kläger wählten, werde er entweder den Laden schließen oder Mitarbeiter kündigen. Nachdem der Betriebsratsvorsitzende ausgeschieden sei, hätten der Geschäftsführer und ein Angestellter der Beklagten ihn nicht mehr gegrüßt, wenn sie auf Baustellen gekommen seien. Auch Kollegen hätten mit ihm in den Pausen nicht mehr gesprochen, offensichtlich weil der Geschäftsführer und der Angestellte gegen ihn intrigiert hätten. Der Geschäftsführer habe einen Vorarbeiter angewiesen, ihn zu informieren, wenn der Kläger etwas beschädige. Diese Anweisung gebe es für keinen anderen Arbeitnehmer. Der Geschäftsführer habe einmal einen Polier angeschrien, warum der Kläger da herumrenne, während er selbst Material geholt habe. Kurz darauf habe der Geschäftsführer ihn beschimpft, seine Arbeit sei schlecht und er sei unverschämt. Er selbst sei aufgrund der ständig wiederholten Anfeindungen durch die Beklagte gesundheitlich geschädigt.
Er hat die Ansicht vertreten, die Fortsetzung der Arbeitstätigkeit sei ihm nicht zumutbar. Dies ergebe sich daraus, dass er auf vertragsgerechte Beschäftigung habe klagen müssen und dann mit der Beklagten einen Vergleich geschlossen habe. Vier von der Beklagten ausgesprochene Abmahnungen seien unberechtigt. Auch die Gehaltskürzung sei ungerechtfertigt. Die Auflösung könne auch bei einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung erfolgen.
Er hat beantragt,
1.
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 14.12.2011 unwirksam ist;
2.
das Arbeitsverhältnis gegen eine angemessene Abfindung, mindestens 50.000,00 €, aufzulösen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
Sie hat die Vorwürfe als pauschal zurückgewiesen und die Ansicht vertreten, bei Annahme einer Änderungskündigung unter Vorbehalt sei der Auflösungsantrag unzulässig.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.04.2012 der Klage gegen die Änderungskündigung stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. In den Entscheidungsgründen - auf die im Übrigen Bezug genommen wird - hat es ausgeführt, die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen sei begründet, der Auflösungsantrag hingegen unzulässig. Denn der Streitgegenstand beschränke sich auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und umfasse nicht den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Selbst bei Zulässigkeit des Antrags sei er abzuweisen, weil sich alle behaupteten Verhaltensweisen und Ereignisse geraume Zeit vor Ausspruch der Änderungskündigung zugetragen hätten. Mit der Annahme des Ä...