Entscheidungsstichwort (Thema)

Verteilung der Arbeitszeit für Unterrichtsstunden, die durch sog. Ferienüberhang entstanden sind

 

Leitsatz (amtlich)

Es entspricht billigem Ermessen (§ 315 BGB), wenn der Arbeitgeber die durch sogenannten Ferienüberhang entfallenden Unterrichtsstunden einer Musikschullehrerin anteilmäßig auf das erste und zweite Kalenderhalbjahr verteilt.

 

Normenkette

BAT § 15; BGB § 315

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 01.08.1995; Aktenzeichen 1 Ca 323/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.05.1997; Aktenzeichen 6 AZR 135/96)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.08.1995 und der Hilfsantrag vom 08.11.1995 werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit Februar 1975 Musikschullehrerin an der von der Beklagten betriebenen Jugendmusikschule in E.. Laut Arbeitsvertrag richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (im folgenden: BAT) in der jeweils gültigen Fassung. Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin betrug außerhalb der Schulferien 30 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten. Sie hat einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen im Kalenderjahr, der nur während der unterrichtsfreien Zeit genommen werden darf. Durch Dienstanweisung legte die Beklagte fest, daß der Unterricht an der Musikschule während der allgemeinen Schulferien ruht.

Die Beklagte verlangte mit Schreiben vom 06.12.1994 von der Klägerin außerhalb der Schulferien im ersten Kalenderhalbjahr zusätzlich 3,3 Unterrichtsstunden in der Woche, im zweiten Kalenderhalbjahr 3,47 Wochenstunden. Begründet wurde dies damit, daß die Klägerin mehr Ferientage als Urlaubstage hat. Die durch diesen sog. Ferienüberhang entfallenden Unterrichtsstunden wurden auf die Zeiträume verteilt, an denen die Klägerin zur Ableistung des Unterrichts verpflichtet war.

Zur Berechnung des Ferienüberhangs bzw. der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit wurden entsprechend der Kalenderhalbjahre zwei 26-Wochen-Zeiträume zugrundegelegt. Beim ersten Zeitraum wurden bei der Berechnung sieben Tage Urlaub und ein Arbeitszeitverkürzungstag, beim zweiten Zeitraum 23 Tage Urlaub und ein Arbeitszeitverkürzungstag berücksichtigt. Motivation hierfür war die Gleichstellung mit den übrigen BAT-Angestellten und die angespannte finanzielle Situation der Stadt. Gegenwärtig können nicht alle dort tätigen Lehrkräfte mit dem Stundenüberhang belastet werden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Lage der zwei Berechnungszeiträume von je 26 Wochen gemäß § 15 BAT seinen willkürlich ausgewählt, ein Sachzusammenhang mit dem Überhang nicht zu erkennen. Eine Urlaubsverteilung dahingehend, daß der Ferienüberhang nahezu identisch sei, bzw. eine auf 52 Wochen entsprechend einem Jahr bezogene Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit sei tarifgeschichtlich nicht gewollt und gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT ausgeschlossen. Der Überhang müsse ordnungsgemäß und nachprüfbar berechenbar sein. Darüber hinaus habe es die Beklagte durch die Festlegung der unterrichtsfreien Zeit selbst zu vertreten, daß überhaupt ein Ferienüberhang bestehe. Allein durch eine Änderungskündigung, nicht aber durch Ausübung des Direktionsrechtes könne ihre Arbeitszeit geändert werden. Auch müsse sich eine solche Maßnahme gegen alle betroffenen Musikschullehrer richten, anderenfalls sei sie wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz willkürlich.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß ihre durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit außerhalb der Schulferien 30 Unterrichtsstunden (je 45 Minuten) beträgt und sie nicht verpflichtet ist, ohne zusätzliche Vergütung ab dem 02.01.1995 im ersten Kalenderhalbjahr zusätzliche 3,3 Wochenstunden und im zweiten Kalenderhalbjahr zusätzlich 3,47 Wochenstunden Unterricht zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, daß sie aufgrund ihres Direktionsrechtes berechtigt sei, die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin um den sogenannten Ferienüberhang zu erhöhen. Hierbei habe sie auch die datumsmäßige Lage bestimmen können, die Anlehnung an das Kalenderhalbjahr sei sachgerecht, da der zu Beginn des Kalenderjahres entstehende volle Urlaubsanspruch der Klägerin bei der Berechnung berücksichtigt werden müsse und der mit der Urlaubsverteilung erzielte möglichst gleichbleibende Ferienüberhang sachgerecht sei. Auch sei es sachgerecht, den Unterricht während der allgemeinen Ferienzeiten ruhen zu lassen, da andernfalls ein geregelter Musikschulbetrieb nicht möglich sei. Sie werde alle Lehrer an Musikschulen mit diesem Ferienüberhang in Anspruch nehmen, sobald ein entsprechender Bedarf entsteht. Vorliegend sei dieser Bedarf im Falle der Klägerin aber unstreitig gegeben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hierbei insbesondere darauf hingewiesen, daß die Beklagte zu den g...

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