Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 19.05.1998; Aktenzeichen 1 Ca 3161/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgericht Duisburg vom19.05.1998 – 1 Ca 3161/97 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 24.09.1997 – zugegangen am 25.09.1997 – nicht aufgelöst worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgemäßen arbeitgeberseitigen Kündigung des zwischen ihnen seit dem 13.05.1976 bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Die Kündigung datiert vom 24.09.1997 und hat ihre Ursache in einem Vorfall vom 13.10.1996, der im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils im einzelnen dargestellt ist. Der Kläger suchte an diesem Tage die Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten, dem Zeugen S.. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger neben verbalen Drohungen und Beschimpfungen auch mit einer Waffe in die Luft schoß und die Waffe anschließend auf den Zeugen S. richtete.
Eine etwa 3 ½ Stunden nach dem Vorfall durchgeführte Blutprobe beim Kläger ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,19 Promille.
Mit Schreiben vom 14.10.1996 hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30.06.1997 gekündigt. In der Zeit vom 21.10.1996 bis zum 06.11.1996 unterzog sich der Kläger einer stationären psychiatrischen Behandlung wegen Alkoholerkrankung. In der Zeit vom 10.07.1997 bis zum 31.10.1997 befand er sich zu einer Entwöhnungsbehandlung wegen Suchtmittelabhängigkeit in einer Klinik.
Mit Schreiben vom 14.10.1996 hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30.06.1997 gekündigt. Durch Urteil vom 25.06.1997 hat das Arbeitsgericht Duisburg die Unwirksamkeit der fristlosen und fristgemäßen Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats festgestellt. Aufgrund der gleichzeitig ergangenen Verurteilung zur Weiterbeschäftigung wurde der Kläger auf einer anderen Zeche bis zum 31.03.1998 weiterbeschäftigt. Im Verlauf des Berufungsrechtsstreits hatte die Beklagte unter dem 24.09.1997 das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut zum 31.03.1998 gekündigt. Diese Kündigung ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 24.09.1997, zugegangen am 25.09.1997, nicht aufgelöst wird;
- für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu Ziffer 1, die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen als Maschinensteiger unter Tage weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht Duisburg hat durch Urteil vom 19.05.1998 die Klage abgewiesen. Auf die Begründung seiner Entscheidung wird Bezug genommen.
Mit der Berufung begehrt der Kläger die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Maßgabe der gestellten Anträge.
Die Berufung rügt, im Tatbestand des Urteils würden wesentliche Sachverhalte verkürzt und die Aussage eines Zeugen als unstreitiger Sachverhalt hingestellt. Er wiederholt seinen Vortrag, daß er in zunehmende Depression verfallen sei aufgrund eines miterlebten tödlichen Unfalls eines Arbeitskollegens, an dem er dem Zeugen S. die Mitschuld gegeben habe. Diese Vorgeschichte habe zu einem ständig gesteigerten Alkoholkonsum und einer psychischen Ausnahmesituation geführt, in der sich der Kläger am Abend des 13.10.1996 befunden habe. Nach reichlichem Alkoholkonsum bei einer Geburtstagsfeier seiner Ehefrau habe er sich im Zustand der Schuldunfähigkeit bzw. verminderten Schuldfähigkeit zur Wohnung des Zeugen S. begeben. Aus den beiden entnommenen Blutproben lasse sich für die Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration um 18.00 Uhr von mindestens 2,99 Promille errechnen.
Der Kläger räumt ein, den Zeugen S. beschimpft und möglicherweise verbal bedroht zu haben. Er bestreitet jedoch, eine Waffe bei sich gehabt zu haben und den Zeugen damit bedroht bzw. in die Luft geschossen zu haben. Der Kläger charakterisiert die Aussage des Zeugen S. als in vielen Punkten unglaubwürdig. Er verweist auf die Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens, bei der als Schuldvorwurf ausschließlich die verbale Bedrohung zugrunde gelegt wurde.
Der Kläger hält die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei der kündigungsrechtlich relevante Sachverhalt nicht bewiesen. Bei der Beurteilung seines Verschuldens sei im übrigen das aufgetretene Alkoholproblem und die psychische Störung infolge des erlebten tödlichen Arbeitsunfalls und die damit zusammenhängenden Spannungen zwischen ihm und dem Zeugen, die Tatsache der von diesem beabsichtigten unmittelbar bevorstehenden Prämienkürzung sowie der exzessive Alkoholkonsum am Tage des Ereignisses zu berücksichtigen. Des weiteren sei zu seinen Gunsten das mehr als 20 Jahre vollkommen unbeanstandete Beschäftigungsverhältnis zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt der Wiederholungskündigung sei eine konkrete Beeinträchtigung...