Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagefrist bei Annexbefristung. Wirksamkeit einer Befristung im Konkurs- oder Insolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Annexbefristung beginnt die dreiwöchige Klagefrist gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Grundvertrages erst nach Ende der im Annexvertrag vereinbarten Zusatzbefristung.
2. Zur Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsvertrages, wenn ein Betrieb im Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren im Rahmen einer „übertragenden Sanierung” veräußert werden soll.
Normenkette
BeschFG § 1 Abs. 5 S. 1; BGB § 620; InsO §§ 125, 128
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Teilurteil vom 04.08.1999; Aktenzeichen 3 Ca 1007/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen dasTeilurteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 04.08.1999 – 3 Ca 1007/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Der im Jahre 1939 geborene Kläger trat zum 07.01.1981 in die Dienste der Gemeinschuldnerin. Er war in deren Stahlgießerei in S.-W. zuletzt als Handformer eingesetzt. Seine monatliche Vergütung belief sich auf 3.366,– DM brutto. Nachdem die Gemeinschuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens gestellt hatte, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Remscheid vom 01.08.1997 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Anschlusskonkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt. Dieser zeigte unter dem 27.08.1997 gegenüber dem Amtsgericht Remscheid die Masseunzulänglichkeit an.
Unter dem 27.08.1997 schlössen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund einer bevorstehenden Betriebsstilllegung zum 30.11.1997 enden sollte. Denjenigen Arbeitnehmern, die eine solche Vereinbarung nicht abschließen wollten, kündigte der Beklagte ordentlich. Aufgrund eines im November 1997 erstellten Gutachtens des Deutschen Gießereiverbandes entschloss sich der Beklagte sodann zur Umstrukturierung des Unternehmens, um es kurzfristig zu veräußern. Er vereinbarte deshalb mit dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 28.02.1998. In einem Anschreiben an den Kläger vom 21.11.1997 heißt es dazu:
„… mit Vereinbarung vom 27.08.1997 hatten wir uns auf eine Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung zum 30.11.1997 geeinigt.
Aufgrund einer nach Abschluss dieser Vereinbarung im Unternehmen gebildeten Mitarbeiterinitiative soll die Produktion mit einer auf 140 Mitarbeiter verringerten Personalstärke versuchsweise – zunächst bis zum 28.02.1998 – fortgesetzt werden. Durch die Betriebsvereinbarung vom 20.11.1997 hat der Betriebsrat nach erfolgter Sozialauswahl einer Fortsetzung Ihres Arbeitsverhältnisses zugestimmt ….”
Da sich die Verhandlungen über die Übernahme des Betriebs durch eine Auffanggesellschaft in der Folgezeit verzögerten, schloss der Beklagte mit dem Kläger wie auch mit den anderen verbliebenen Arbeitnehmern weitere Verträge, in denen jeweils ohne Unterbrechung die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde, und zwar unter dem 25.02.1998 bis zum 30.04.1998, unter dem 27.04.1998 bis zum 31.08.1998, unter dem 21.08.1998 bis zum 31.12.1998 und unter dem 17.12.1998 bis zum 31.03.1999. In den vom Kläger zum Zwecke des Einverständnisses unterzeichneten Anschreiben des Beklagten heißt es insoweit gleich lautend:
Mit Schreiben vom … war vereinbart worden, ihr Arbeitsverhältnis befristet bis zum … weiterzuführen.
Grund hierfür war die Erprobung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens und der daraus resultierenden Verlängerung der Übergangsphase.
Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit den Banken … bin ich bereit, die Übergangsphase bis zum … zu verlängern, damit die Möglichkeit erhalten bleibt, die noch vorhandenen Arbeitsplätze in eine neue Gesellschaft zu übertragen …”
Nachdem schließlich eine Einigung mit den Übernahmeinteressenten über den Kaufpreis erzielt worden war, vereinbarte der Beklagte mit dem Betriebsrat am 30.03.1999 einen Interessenausgleich. Danach sollten die befristeten Arbeitsverhältnisse von 36 Arbeitnehmern durch Nichtverlängerung bzw. wenn erforderlich durch Kündigung beendet und die Belegschaft auf 118 Arbeitnehmer reduziert werden. Unter den in einer Namensliste aufgeführten Arbeitnehmern befand sich auch der Kläger. Im Interessenausgleich vom 30.03.1999 wird diesbezüglich ausgeführt:
„…
Betriebsrat und Verwalter sind daher gemäß § 125 Abs. 1 InsO darüber einig, dass die Arbeitsverhältnisse der aus der anliegenden Liste ersichtlichen 36 Mitarbeiter mit dem 16.04.1999 enden. Diese Liste wird mit der Betriebsvereinbarung fest verbunden. Innerhalb der Frist bis zum 16.04.1999 ist den betroffenen Mitarbeitern ein diesen gegebenenfalls zustehender anteiliger Jahresurlaub für 1999 zu gewähren. Die Mitarbeiter werden hierdurch in den Geltungsbereich des Sozialplanes vom 06.12.1997 einbezogen.
Hinsichtlich der übrigen Mitar...