Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung betreffend die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung einer Versorgungsordnung, die keinen Anspruch auf ein Nettoruhegeld begründet.
2. Bestimmung der Steuerklasse (hier Steuerklasse III) für das als Rechnungsposten bei der Berechnung der Gesamtversorgungsobergrenze einer Versorgungsordnung einzustellende letzte Netto-Diensteinkommen. Die Steuerklasse III war zu Grunde zu legen, wenn der Betriebsrentner diese während der aktiven Betriebszugehörigkeit überwiegend innehatte. Berücksichtigung von Zeiten als solche mit Steuerklasse III, in denen ein Ehegatte während der aktiven Dienstzeit überwiegend den Unterhalt der Familie bestritten hat, ohne tatsächlich die Steuerklasse III gewählt zu haben. Der Betriebsrentner dieses Verfahrens, der zeitweise mit einer Niederländerin verheiratet war, war Grenzgänger. Er wohnte zeitweise in den Niederlanden und arbeitete in Deutschland.
Leitsatz (redaktionell)
Eine Betriebsvereinbarung zur "Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung", wonach das Ruhegeld maximal 75% des zugrunde liegenden Diensteinkommens beträgt, begründet keinen Anspruch auf eine Nettozahlung.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2, §§ 256, 258, 533
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 02.05.2017; Aktenzeichen 1 Ca 72/17) |
Tenor
I.
Auf die Berufungen der Beklagten und des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 02.05.2017 - 1 Ca 72/17 - abgeändert und zur Klarstellung in der Hauptsache wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.701,07 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 335,85 Euro seit dem 05.10.2016, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 03.11.2016, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 02.12.2016, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 03.01.2017, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 02.02.2017, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 02.03.2017, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 04.04.2017, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 03.05.2017, aus weiteren 335,85 Euro seit dem 02.06.2017, aus weiteren 339,21 Euro seit dem 04.07.2017, aus weiteren 339,21 Euro seit dem 02.08.2017 zu zahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit über den Monat August 2017 hinaus bis zum Ende des Monats des Versterbens des Klägers ein monatlich jeweils zum 01. jeden Monats im Voraus fälliges Ruhegeld in Höhe von 1.068,72 Euro brutto zzgl. einer jeweiligen zum 01.07. eines jeden Jahres eintretenden Anpassungserhöhung um jeweils 1 % zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die weitergehenden Berufungen der Beklagten und des Klägers werden zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 60 % und der Beklagten zu 40% auferlegt.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.
Der am 25.07.1953 geborene Kläger war vom 01.08.1970 bis zum 31.07.2015 bei der Beklagten als Elektromonteur beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde im Rahmen einer Altersteilzeitregelung beendet. Am 14.03.1975 heiratete der Kläger Frau X. C.-L.. Die Eheleute wohnten seit der Eheschließung in den Niederlanden und zwar in I., wo der Kläger ein Haus gekauft hatte. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, die am 23.09.1983, 28.04.1985 und 23.07.1987 geboren wurden. In dem Haus in den Niederlanden lebte der Kläger mit seiner Ehefrau und den Kindern bis zu der Trennung von seiner Ehefrau im Juni 2003. In dem Rentenbescheid des Klägers der Deutschen Rentenversicherung vom 29.08.2016 waren folgende Jahresbruttoverdienste des Klägers angegeben: 01.07.1975 bis 31.12.1975: 11.720,00 DM; 1976: 23.760,00 DM; 1977: 26.960,00 DM; 1978: 28.750,00 DM; 1979: 30.686,00 DM; 1980: 32.128,00 DM; 1981: 35.796,00 DM; 1982: 38.979,00 DM; 1983: 40.890,00 DM. Der Kläger kehrte im Juni 2003 nach Deutschland zurück und wohnte fortan in N.. Die Ehe des Klägers mit Frau X. C.-L. wurde am 11.06.2008 geschieden. In der Zeit vom 01.01.1994 bis zum 31.12.2003 hatte der Kläger die Steuerklasse III. Vor und nach diesem Zeitraum hatte er die Steuerklasse I. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten hatte der Kläger ebenfalls Steuerklasse I.
Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezog der Kläger seit dem 01.10.2016 Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Der Kläger bezog von der Beklagten seit dem 01.10.2016 eine Betriebsrente auf der Grundlage, der zwischen den Parteien geltenden Betriebsvereinbarung vom 09.12.1991 "Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der Niederrheinische Licht- und Kraftwerke Aktiengesellschaft N. - Gesamtversorgungssystem -" (im Folgenden RL 1991). In den RL 1991 hieß es u.a.:
"§ 3
Voraussetzungen für die Gewährung von Ruhegeld sind:
1. das Bestehen eines mindestens 10jährigen ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses mit der O. vom vollendeten 20. Lebensjahr an und
2. die Be...