Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamtenrechtliche Höchstaltersgrenze und Altersdiskriminierung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Stelle des Schulrats ist im Land Nordrhein-Westfalen nach Art. 8 Abs. 3 Verf NRW Beamten vorbehalten. Die Bewerbung einer angestellen Lehrkraft mit dem Ziel, ihr als Angestellte diese Stelle zu übertragen, ist nicht zu berücksichtigen.

2. Das Begehren auf Übernahme in das Beamtenverhältnis hat die angestellte Lehrkraft vor den Verwaltungsgerichten zu verfolgen.

3. Es kann, weil entscheidungsunerheblich, dahin stehen, ob für die durch die beamtenrechtliche Höchstaltersgrenze von 35 Jahren erzeugte Altersbenachteiligung Rechtfertigungsgründe nach § 10 AGG vorliegen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.07.2007, NWVBl 2008, 60, OVG Rheinland-Pfalz vom 10.08.2007, IÖD 2008, 27), insbes. ob wegen der durch das Lebenszeit- und Alimentationsprinzip geprägten Struktur des Beamtentums einer bereits im öffentlichen Schuldienst als Angestellte beschäftigten Lehrkraft, die ansonsten die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, eine Beamten-Beförderungsstelle verwehrt werden darf, auf deren Übertragung Bewerber typischerweise erst nach Überschreiten der Höchstaltersgrenze Aussichten haben.

Hinweis der Kammer: Zur Mindestaltersgrenze des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB, vgl. LAG Düsseldorf Vorlagebeschluss vom 21.11.2007, 12 Sa 1311/07.

 

Normenkette

RL 2000/78/EG Art. 6 Abs. 1; GG Art. 3, 33; Verf NRW Art. 8; AGG §§ 3, 10; LVO NRW § 52 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 04.12.2007; Aktenzeichen 11 Ca 7622/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom04.12.2007 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Klägerin will sich als Angestellte auf die Stelle einer Schulaufsichtsbeamtin/eines Schulaufsichtsbeamten für den Bereich Förderschulen bewerben dürfen, insbesondere eine Bewerbung aus August 2006 auf eine solche Stellenausschreibung berücksichtigt wissen, als Angestellte des öffentlichen Dienstes in das Auswahlverfahren einbezogen werden und ihre Bewerbung ohne Heranziehung von Angestellten- oder Beamteneigenschaft als Auswahlkriterium beschieden sehen.

Die am 06.04.1949 geborene Klägerin steht seit 1973 als angestellte Lehrkraft in den Diensten des beklagten Landes und ist seit 1998 Schulleiterin der Q.-Förderschule der Stadt F.. Das Land schrieb im Jahr 2006 die Stelle einer Schulaufsichtsbeamtin/eines Schulaufsichtsbeamten für den Bereich Förderschulen im Schulamt für den Rhein-Kreis Neuss (BesGr. A 14 Fn. 5 BBesO) aus. Die Klägerin bewarb sich auf die Stelle.

Das Land wies die Bewerbung mit der Begründung zurück, dass der Klägerin als Angestellte die Stelle einer Schulaufsichtsbeamtin (Schulrätin) wegen Art. 8 Abs. 3 S. 3 Verf NRW (§ 57 Abs. 5, § 87 Abs. SchulG NRW) nicht übertragen werden könne und sie daher gehindert sei, sich zulässigerweise um eine solche, Beamten vorbehaltene Stelle zu bewerben. Wegen Überschreitung der Höchstgrenze erfülle die Klägerin auch nicht die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis.

Die Klägerin will mit der Klage das Land verpflichtet wissen, ihre Bewerbung als Angestellte oder – falls die Stelle zwischenzeitlich besetzt werde – künftige Bewerbungen uneingeschränkt zu berücksichtigen. Die Übernahme in das Beamtenverhältnis wird von der Klägerin ausdrücklich nicht angestrebt.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 04.12.2007 die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an. Sie beantragt die

Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Stattgabe der Klage mit den Anträgen aus der Berufungsschrift. Das beklagte Land verteidigt das Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Aus den Gründen des erstinstanzlichen Urteils, die sich die Kammer zu eigen macht (§ 69 Abs. 2 ArbGG), hat die Klägerin auch in der Berufungsinstanz mit ihrem Rechtsbegehren, das sie mit dem Hauptantrag und beiden Hilfsanträgen weiterverfolgt, keinen Erfolg.

I. Das Land ist verfassungsrechtlich gehindert, die Bewerbung eines/einer Angestellten auf eine Stelle, die funktionell der Schulaufsicht zuzurechnen ist, zu berücksichtigen und diese Stelle mit einem/einer Angestellten zu besetzen. Art. 8 Abs. 3 Satz 3 Verf NRW lautet: „Die Schulaufsicht wird durch hauptamtlich tätige, fachlich vorgebildete Beamte ausgeübt.” Der verwendete Begriff des Beamten ist statusrechtlich eindeutig und schließt aus, die Schulaufsicht durch andere Ver...

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