Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zahlung einer höheren AT-Vergütung. Mindestabstand zur höchsten tariflichen Entgeltgruppe in der Metall- und Elektroindustrie NRW
Leitsatz (amtlich)
Mangels anderweitiger tarifvertraglicher Regelung beträgt der Mindestabstand der AT-Vergütung (im Sinne aller geldwerten materiellen Arbeitsbedingungen gemäß § 1 Ziffer 3 Abs. 2 ERA NRW) zur höchsten tariflichen Entgeltgruppe in der Metall- und Elektroindustrie NRW einen Cent (Divergenz zu LAG Köln, Urteil vom 28.04.2016 (8 Sa 1193/15).
Normenkette
BGB §§ 133, 157; TVG §§ 2-4; ERA NRW § 1 Nrn. 3, 3 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 13.04.2023; Aktenzeichen 3 Ca 2218/22) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 13.04.2023 - Az.: 3 Ca 2218/22 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer höheren AT-Vergütung für den Zeitraum von Juni 2022 bis einschließlich Februar 2023 in einer Gesamthöhe von 17.316,27 € brutto (9 Monate zu je 1.924,03 € brutto Differenz zu der dem Kläger gezahlten Vergütung) und in diesem Zusammenhang über die Frage, wie der Mindestabstand von Tarif- zu AT-Vergütung nach § 1 Ziffer 3 Abs. 2 des Entgeltrahmenabkommens in der Metall- und Elektroindustrie NRW vom 18.12.2003 zu bestimmen ist.
Der Kläger ist am 24.11.1971 geboren und seit dem 01.10.2013 bei der Beklagten, zuletzt als Entwicklungsingenieur für den Bereich System Simulation, Mixed Reality Applications, Additive Manufacturing (RDA) beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt seit dem 01.06.2022 der Arbeitsvertrag vom 13./17.05.2022 zu Grunde. Dieser ist überschrieben als "außertariflicher Arbeitsvertrag" und lautet auszugsweise wörtlich wie folgt (Blatt 9 ff. der erstinstanzlichen Akte):
§ 3 Arbeitszeit
1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.
Lage und Verteilung der täglichen Arbeitszeit ergeben sich aus den betrieblichen Regelungen.
[...]
§ 4 Bezüge / Gewinnbeteiligung
1. Herr U.erhält ein außertarifliches monatliches Bruttoentgelt in Höhe von
EUR 7.380,00.
2. Herr U. erhält eine Zuwendung zum Zwecke der altersvorsorgewirksamen Leistungen gemäß den betrieblichen Regelungen in der jeweils gültigen Fassung.
3. Herr U. erhält eine Gewinnbeteiligung - ggf. zeitanteilig - gemäß der betrieblichen Regelung in der jeweils gültigen Fassung.
4. Der sich aus der Entgeltabrechnung ergebende Auszahlungsbetrag wird entsprechend der betrieblichen Regelung zum Ende eines jeden Kalendermonats auf ein von Herrn U. zu benennendes Konto überwiesen.
[...]"
Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Im Betrieb der Beklagten finden kraft arbeitgeberseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen, insbesondere der Manteltarifvertrag (MTV Metall NRW) vom 08.11.2018 und das Entgeltrahmenabkommen NRW (ERA NRW) vom 18.12.2003, beide abgeschlossen zwischen Metall NRW und der IG Metall, Anwendung. Darüber hinaus findet der mit der IG Metall abgeschlossene Zukunftstarifvertrag für die Beklagte vom 30.07.2018 nebst zugehörigem Änderungstarifvertrag vom 23.07.2021 Anwendung.
Der MTV Metall NRW bestimmt unter § 1 Ziffer 3 zum persönlichen Geltungsbereich, dass er für die Beschäftigten gilt, die vom persönlichen Geltungsbereich des Entgeltrahmenabkommens erfasst werden und Mitglied der IG Metall sind.
Im Entgeltrahmenabkommen der Metall- und Elektroindustrie NRW ist unter § 1 zum Geltungsbereich folgendes geregelt:
"§ 1 Geltungsbereich
Dieses Entgeltrahmenabkommen gilt:
1. räumlich: für das Land Nordrhein-Westfalen;
2. fachlich: für die Betriebe der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentral- heizungsindustrie (Wärme-, Klima-, Lüftungs- und Gesund- heitstechnik) sowie in Verbindung damit der kunststoffver- arbeitenden Industrie einschließlich der Hilfs- und Nebenbe- triebe und der Montagestellen, wenn der Arbeitgeber einem Mitgliedsverband des Verbandes METALL NRW (Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V.) angehört;
3. persönlich: für die Beschäftigten (gewerbliche Arbeitnehmer und Arbeit- nehmerinnen sowie Angestellte), die Mitglied der IG Metall sind.
Nicht unter den persönlichen Geltungsbereich fallen:
a) Mitglieder gesetzlicher Organe von juristischen Personen sowie Beschäftigte mit Prokura,
b) Beschäftigte mit Arbeitsaufgaben, deren Einstufung gemäß § 3 eine Punktzahl von mehr als 170 Punkten ergibt,
c) Beschäftigte mit Arbeitsaufgaben, deren Einstufung gemäß § 3 eine Punktzahl von mindestens 155 bis 170 Punkten ergibt, wenn ihre Beschäftigung im Arbeitsvertrag als au- ßertariflich bezeichnet ist.
In Fällen b) und c) müssen die geldwerten materiellen Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 40 Stunden in einer Gesamtschau diejenigen der höchsten tariflichen Entgeltgruppe regelmäßig überschreiten (nicht berücksichtigt werden ü...