Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Arbeitsvertrages im öffentlichen Dienst im Wege des Direktionsrechts oder durch Änderungskündigung. Abweichung von der Auffassung der 4. Kammer des LArbG Düsseldorf in der Entscheidung vom 2.6.1999, 4 Sa 376/99
Orientierungssatz
1. § 15 BMT-G schließt eine Vereinbarung, daß die Arbeitszeit mit dem Beginn bzw dem Ende des Weges zur und von der Arbeitsstelle beginnen oder enden kann, nicht aus.
2. Eine Anordnung, die zu längeren unbezahlten Wegezeiten der Arbeitnehmer führt, stellt eine inhaltliche Veränderung der vertraglichen Leistung ohne finanziellen Ausgleich dar.
3. Eine solche Maßnahme ist im Wege des Direktionsrechts nicht durchsetzbar. Sie kann nur im Wege einer rechtswirksamen Änderungskündigung erfolgen.
4.Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 6 AZR 404/00.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.09.1999 - 4 Ca 2604/98 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung der Beklagten.
Die Klägerin ist bei der Beklagten langjährig als Kontrollschaffnerin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G NRW) in der jeweils geltenden Fassung vereinbart.
Die Parteien haben bereits in einem Vorprozess darüber gestritten, ob die Klägerin eine Anordnung der Beklagten im Wege des Direktionsrechts hinnehmen muss, wonach ihre Arbeitsbedingungen mit Wirkung zum 01.01.1998 geändert werden. Bisher hatte die Klägerin ihren Dienst in der Weise aufgenommen, dass sie zur festgesetzten Zeit des Dienstbeginns an der ihrem Wohnort nahegelegenen Bahnstation einstieg und ihre Kontrolltätigkeit dort aufnahm. Entsprechend verfuhr sie bei Dienstende. Mit Zustimmung des Betriebsrats wies die Beklagte die Kontrollschaffner(innen) Ende Dezember 1997 mit Wirkung zum 01.01.1998 an, den Dienst auf einem der Betriebshöfe aufzunehmen bzw. zu beenden. Im vorliegenden Verfahren versucht die Beklagte, ihr Ziel durch den Ausspruch einer Änderungskündigung zu erreichen. Die Klägerin hat die Änderung der Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt angenommen. Durch rechtskräftiges Urteil der erkennenden Kammer vom 05.11.1998, welches sich unter Blatt 22 f. bei der Gerichtsakte befindet, steht zwischenzeitlich fest, dass die Maßnahme vom Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt war.
Die Klägerin hält auch die streitgegenständliche Kündigung für unwirksam.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im
Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 09.04.1998
unwirksam ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Unternehmen habe sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation zur Effizienzsteigerung in allen Bereichen, also auch bei den Kontrollschaffnern, gezwungen gesehen. Es könne nicht hingenommen werden, dass während der Anfahrt zum bzw. der Abfahrt vom Betriebshof, die etwa 20 % der Dienstzeit ausmache, nur etwa ein Fünftel der sonst üblichen Kontrollintensität erreicht werde. Dies führe zu einem vermeidbaren Verlust an Beförderungsentgelten in Höhe von 200.000,-- DM jährlich. Auch ließe sich durch ausschließlich vom Betriebshof aus durchgeführte Kontrollen die Sicherheit der Kontrolleure erhöhen, denn dann gäbe es die verhältnismäßig stark überfallgefährdeten Einzelkontrollen auf dem Weg zum bzw. vom Betriebshof nicht mehr, die Kontrolleure arbeiteten während der gesamten Dienstzeit in Zweierteams. Im übrigen gehe der Hinweis der Klägerin auf den Ausschluss betriebsbedingter Kündigung in der AWV fehl, da diese Übereinkunft nur Beendigungs- aber keine Änderungskündigungen erfasse. Es sei seinerzeit nicht beabsichtigt gewesen, notwendige und unumgängliche Effizienzsteigerungen zugunsten der Beklagten zu verhindern.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15.09.1999 der Klage stattgegeben. Gegen seine Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die geltend macht, von 80 bei ihr beschäftigten Kontrollschaffnerinnen und -schaffnern hätten nur 9 gegen die im Streit befindliche Anordnung Klage erhoben. Angesichts divergierender Entscheidungen des LAG zur Frage des Umfangs des Direktionsrechts sei man gezwungen, aus Gleichbehandlungsgründen die im Streit stehende Änderungskündigung auszusprechen. Fehl gehe die Auffassung der Vorinstanz, dass die Wirksamkeit der Änderungskündigung an einer mangelnden Bestimmtheit des mit ihr verknüpften Änderungsangebots scheitere. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren § 51 BMT-G könne zum Zweck der Änderung des Arbeitsvertrages dieser unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Lehne der Arbeiter die Fortsetzung seiner Tätigkeit zu den ihm angebotenen geänderten Vertragsbedingungen ab,...