Leitsatz (amtlich)
1. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt einen Kostenerstattungsanspruch nicht für die Kosten aus, die einem Lohnpfändungsgläubiger wegen Verletzung der dem Arbeitgeber als Drittschuldner nach § 840 Abs. 1 ZPO obliegenden Erklärungspflichten entstanden sind (im Anschluß an BAG vom 16.05.1990 – 4 AZR 56/90 – NZA 1991, 27).
2. Eine Verletzung dieser Erklärungspflichten liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Gerichtsvollzieher bei Zustellung des Pfändungsbeschlusses (§ 840 Abs. 3 Satz 1 ZPO) auf dessen Frage erklärt, die Forderung werde anerkannt und zu gegebener Zeit überwiesen, auch wenn sich für die späteren Lohnzahlungszeiträume herausstellt, daß keine pfändbaren Beträge vorhanden sind. Zu weiteren Erklärungen gegenüber dem Gerichtsvollzieher über die Lohnhöhe des Schuldners, Abzugsbeträge, Unterhaltspflichten und dergleichen ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet.
3. Darüber hinaus fehlt es regelmäßig an einem Verschulden des Arbeitgebers für eine Schadensersatzpflicht aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wenn dieser die Fragen so beantwortet, wie sie der Gerichtsvollzieher gestellt und in der Zustellungsurkunde entsprechend angekreuzt hat.
Normenkette
ZPO § 840 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2; ArbGG § 12a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Urteil vom 04.11.1994; Aktenzeichen 5 Ca 2238/94) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 04.11.1994 – 5 Ca 2238/94 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: unverändert (1.750,30 DM).
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten als Drittschuldner auf Zahlung von Schadensersatz nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Anspruch.
Der beklagte Verein betreibt ein Seniorenzentrum. Die Streitverkündete P. befindet sich dort in einem Arbeitsverhältnis als Wäschereihilfskraft. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt 34 Stunden. Ihr monatlicher Nettolohn belief sich im Juni 1994 auf 1.326,47 DM, im Juli 1994 auf 1.586,58 DM und im August 1994 auf 1.348,27 DM. Sie ist gegenüber wenigstens einer Person unterhaltspflichtig.
Der Kläger hat gegenüber der Streitverkündeten eine titulierte Forderung in Höhe von rund 12.000,– DM zuzüglich weiterer Zinsen und Kosten. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Krefeld vom 25.05.1994 – 16 M 2002/94 – ließ er deren Arbeitseinkommen bei dem Beklagten pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgte am 01.06.1994 in den Büroräumen des Beklagten durch den Gerichtsvollzieher persönlich. Nach entsprechender Befragung der dort anwesenden Angestellten K. gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO kreuzte der Gerichtsvollzieher in der dafür vorgesehenen Rubrik auf der Zustellungsurkunde (Bl. 8 d. A.) als Antwort an:
„zu 1) |
wird anerkannt und – zu gegebener Zeit – überwiesen”. |
„zu 2) |
Es liegen – keine – Ansprüche anderer Personen vor”. |
Für die Monate Juni bis August 1994 leistete der Beklagte keine Zahlungen an den Kläger.
Mit der Behauptung, die Streitverkündete beziehe ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von wenigstens 2.100,– DM erhob der Kläger, vertreten durch seinen Prozeßbevollmächtigten, gegen den Beklagten daraufhin Klage vor dem Arbeitsgericht Krefeld, dort eingegangen am 23.08.1994, und machte die Zahlung von rückständigen sowie künftigen Pfändungsbeträgen ab Juni 1994 geltend.
Nach entsprechender Erwiderung des Beklagten, wonach im betreffenden Zeitraum keine pfändbaren Beträge angefallen seien, änderte der Kläger seine Klage und macht nunmehr gegenüber dem Beklagten Schadensersatzansprüche nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Höhe von 1.750,30 DM geltend. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beklagte habe seine Erklärungspflicht nach § 840 Abs. 1 nicht rechtzeitig erfüllt. Der ihm entstandene Schaden bestehe, da die Pfändung ins Leere gegangen sei, in den unnütz auf gewandten Prozeßkosten. Er hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von dem Gebührenanspruch der Rechtsanwälte S. und H. gegen ihn in Höhe von 1.750,30 DM freizustellen;
- hilfsweise: festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, den dem Kläger wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung der Erklärungspflicht nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO bezüglich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Krefeld – 16 M 2002/94 – entstandenen Schaden zu ersetzen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Krefeld hat der Klage mit Urteil vom 04.11.1994 – 5 Ca 2238/94 – entsprechend dem Hauptantrag stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe seine Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht vollständig erfüllt. Er habe weder direkt dem Gerichtsvollzieher gegenüber noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 840 Abs. 1 ZPO dem Kläger mitgeteilt, daß keine pfändbaren Beträge vorhanden seien. Diese Mitteilungspflicht habe er schuldhaft verletzt. Dem Anspruch auf Schadensersatz stehe auch die Re...