Beiträge zur Direktversicherung sind kein pfändbares Arbeitseinkommen
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber bei der Gehaltspfändung mitwirken und den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens an den Gläubiger des Arbeitnehmenden weiterleiten - vorliegend war das der Ex-Mann der Mitarbeiterin. Zwischen diesem und dem Arbeitgeber kam es zum Rechtsstreit über die Frage, ob die vom Arbeitgeber für seine Mitarbeiterin abgeführten Direktversicherungsbeiträge der Pfändung ihres Arbeitseinkommens unterliegen. Insbesondere, da die Vereinbarung zur Entgeltumwandlung erst nach dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss getroffen wurde. Das BAG urteilte, dass es sich dennoch bei den Beiträgen nicht mehr um pfändbares Arbeitseinkommen handelt.
Direktversicherungsvereinbarung nach Pfändungsbeschluss
Im Frühjahr 2016 schloss eine Mitarbeiterin mit ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung über den Abschluss einer betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung. Im Rahmen einer Entgeltumwandlung zahlte der Arbeitgeber daraufhin monatlich 248 Euro an den Versicherer. Bereits seit November 2015 leistete der Arbeitgeber an den Ex-Mann der Beschäftigten Zahlungen aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, den dieser gegen die Mitarbeiterin, seine Ex-Frau, erwirkt hatte. Den Versicherungsbeitrag ließ der Arbeitgeber bei der Ermittlung des pfändbaren Arbeitseinkommens jedoch unberücksichtigt.
Ex-Ehemann fordert Pfändung der bAV-Beiträge
Hiergegen wehrte sich der Ex-Ehemann der Arbeitnehmerin und verlangte vom Arbeitgeber eine höhere Zahlung. Nach seiner Auffassung dürfe die Entgeltumwandlung das pfändbare Arbeitseinkommen seiner Ex-Frau nicht reduzieren. Denn sie habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Verwertungszuständigkeit über ihre Forderung verloren. Im Übrigen gelte der Rechtsgedanke des § 850h ZPO.
Den Pfändungsbeschluss hatte der Ehemann erwirkt, da das Familiengericht seine geschiedene Frau im Rahmen der Aufteilung von Schulden aus einem laufenden Bauprozess verurteilt hatte, ihm rund 23.000 Euro nebst Zinsen zu zahlen, wozu sie nur in Raten imstande war.
BAG: Keine Pfändung der Direktversicherungsbeiträge möglich
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die Erfurter Arbeitsrichter entschieden, dass die Beiträge für die Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung nicht gepfändet werden können. Sie stellten in der Begründung fest, dass grundsätzlich kein pfändbares Einkommen im Sinne von § 850 Abs. 2 ZPO mehr vorliegt, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Vereinbarung darüber treffen, dass der Arbeitgeber eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Mitarbeitenden durch Entgeltumwandlung für die betriebliche Altersversorgung verwendet wird.
bAV-Betrag bewegt sich im Rahmen des Rechts auf betriebliche Altersversorgung
Im konkreten Fall war es nach Meinung des Gerichts unerheblich, dass die Entgeltumwandlung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vereinbart wurde. Die Arbeitnehmerin habe nur von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht, betonte das Gericht. Der hier vorgesehene Betrag von 4 Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung sei jedenfalls nicht überschritten worden.
Direktversicherungsbeitrag ist keine benachteiligende Verfügung
Das BAG kam daher zu dem Schluss, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung keine, den Ehemann als Gläubiger benachteiligende Verfügung im Sinne von § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO darstellte. Auch eine Verschleierung des Arbeitseinkommens und einen Rückgriff auf § 850h ZPO schloss es aus.
Ob eine andere Bewertung erfolgen muss, wenn der bAV-Betrag den gesetzlich in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehenen Betrag überschreitet, ließen die obersten Arbeitsrichter offen.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Oktober 2021, Az: 8 AZR 96/20; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 14. August 2019, Az: 11 Sa 26/19
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