Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachhaftung des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Nachhaftungsbegrenzung des § 159 HGB a. F. gilt jedenfalls auch dann, wenn der Komplementär einer KG alle Kommanditanteile erwirbt, ohne hiernach gewerblich tätig zu sein.

2. Die Nachhaftungsbegrenzung des § 159 HGB a. F. erstreckt sich zudem auf Altersversorgungsansprüche von Arbeitnehmern, die vor diesem Zeitpunkt aus dem Unternehmen der KG ausgeschieden sind.

 

Normenkette

HGB a.F. §§ 128, 159; BetrAVG

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 07.06.1995; Aktenzeichen 5 Ca 1234/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.03.1998; Aktenzeichen 9 AZR 57/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 07.06.1995 – 5 Ca 1234/96 – teilweise abgeändert:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.305,80 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus DM 1.104,– brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 30.08.1994 sowie 4 % Zinsen aus dem sich aus DM 201,80 brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 17.05.1995 zu zahlen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger betriebliches Altersruhegeld zu zahlen.

Der Kläger war vom 02.06.1955 bis zum 30.06.1978 bei der Firma B. KG (im folgenden „KG” genannt) beschäftigt. Die KG, als deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte fungierte, befaßte sich im wesentlichen mit der Herstellung von Schrauben.

Nachdem der Kläger im Jahre 1978 aus den Diensten der KG ausgeschieden war, erhielt er aufgrund einer Direktversorgungszusage eine Betriebsrente in Höhe von zuletzt monatlich DM 92,– brutto.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der den Parteien im übrigen aus mehreren Parallelrechtsstreiten bekannt ist, wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 07.06.1995 (Blatt 182 ff. der Akten) verwiesen, von dessen erneuter Darstellung gemäß § 543 Abs. 1 und 2 ZPO abgesehen werden konnte.

Nach der Einstellung der Ruhegeldzahlungen durch die … GmbH im September 1993 hat der Kläger mit einer am 30.08.1994 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach anhängig gemachten Klage die Zahlung monatlicher Ruhegelder in Höhe von DM 92,– brutto geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.104,– DM brutto nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 828,– DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zunächst dem P. in Köln und dem Konkursverwalter der B.-GmbH den Streit verkündet.

Im übrigen hat er eine Nachhaftung für Verpflichtungen der KG in Abrede gestellt und vor allem gemeint, daß er nicht passiv legitimiert sei.

Mit Urteil vom 07.06.1995 hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – 5 Ca 1234/94 – die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß der Beklagte zwar passiv legitimiert sei, weil die zwischen den Parteien streitigen Ruhegeldverpflichtungen nicht auf die B.-GmbH übergegangen wären. Indessen fänden § 26 Abs. 1 HGB und § 159 HGB a. F. entsprechende Anwendung, so daß von einer zeitlich unbegrenzten Enthaftung des Beklagten ausgegangen werden müsse.

Der Kläger hat gegen das ihm 07.08.1995 zugestellte Urteil mit einem am 31.08.1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 28.09.1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 28.05.1996 – 3 AZR 131/95 – und meint, daß der Beklagte hiernach zur Ruhegeldzahlung verpflichtet sei. Von einer Enthaftung nach §§ 26, 159 HGB a. F. könne jedenfalls nicht ausgegangen werden.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 3.588,00 brutto nebst 4 % Zinsen ab jeweiliger Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich ebenfalls auf die oben genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts; er vertritt allerdings die Auffassung, daß seine Haftung entsprechend § 159 HGB a. F. seit dem 07.10.1994 entfallen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO i.V.m. § 249 Abs. 1 ZPO).

B.

In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel des Kläger...

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