Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 23.12.1992; Aktenzeichen 5 Ca 2276/92) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 23.12.1992 – 5 Ca 2276/92 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten.
Der am 18.06.1972 geborene Kläger ist aufgrund eines Ausbildungsvertrages vom 20.04.1988 seit dem 01.08.1988 bei der Beklagten zur Ausbildung als Industrieelektroniker beschäftigt. Am 09.08.1989 verlängerten die Parteien den ursprünglich bis zum 31.01.1992 befristeten Vertrag wegen Nichterreichen des Klassenziels in der Berufsschule um ein Jahr bis zum 31.01.1993.
Der Kläger bezieht zur Zeit eine Ausbildungsvergütung in Höhe von DM 902,– brutto.
Unter dem 15.02.1989 erteilte die Beklagte dem Kläger wegen seines unentschuldigten Fehlens in der Berufsschule am 14.02.1989 eine Abmahnung.
Im Schuljahr 1990/1991 fehlte der Kläger zwischen dem 08.08.1990 und 10.07.1991 mehrere Tage unentschuldigt in der Schule und kam darüber hinaus an diversen Tagen bis zu 2 Stunden verspätet zum Unterricht. Wegen der Einzelheiten seiner Säumnisse wird auf die Aufstellung Blatt 29 bis 30 der Akten verwiesen.
Die Beklagte nahm die Fehlzeiten des Klägers zum Anlaß, ihm am 26.07.1991 fristlos zu kündigen, nahm diese Kündigung indessen nach Gesprächen mit dem Kläger und der ihn vertretenden Gewerkschaft zurück. Statt dessen erteilte sie ihm mit Schreiben vom 01.08.1991 eine Abmahnung, die der Kläger akzeptierte.
Im ersten Schulhalbjahr 1991/1992 besuchte er regelmäßig die Berufsschule. In der Zeit zwischen dem 05.02.1992 und dem 15.07.1992 fehlte er abermals an einigen Tagen unentschuldigt oder kam bis zu 90 Minuten verspätet zum Unterricht (vgl. hierzu die Übersicht Blatt 34 der Akten). Sein Leistungsstand in allen Fächern bezeichnete der den Kläger unterrichtende Berufsschullehrer K. als „mangelhaft”.
Am 17.07.1992 informierte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat über die beabsichtigte fristlose Kündigung des Klägers. Der Betriebsrat beschloß in seiner Sitzung vom gleichen Tag, keinen Widerspruch einzulegen. Darüber hinaus wies es später mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 18.08.1992 darauf hin, daß er für eine fristlose Kündigung des Klägers sei.
Die Beklagte kündigte das mit dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis mit Schreiben vom 17.07.1992 fristlos. Im Kündigungsschreiben heißt es wörtlich:
„Kündigung
Sehr geehrter Herr G.,
auf Grund der uns heute von der Berufsschule bekanntgegebenen Fehlzeiten und Verspätungen, sind wir gezwungen, Sie heute fristlos zu entlassen.
Sie wurden bereits mit unserem Schreiben vom 1.8.91 abgemahnt.
Der Betriebsrat ist hierzu gehört worden. Mit freundlichen Grüßen”
Nachdem der vom Kläger angerufene Schlichtungsausschuß der IHK Essen am 18.08.1992 die ausgesprochene Kündigung für rechtmäßig erklärt hatte, hat der Kläger mit seiner bereits am 13.08.1992 beim Arbeitsgericht Essen anhängig gemachten Klage die Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geltend gemacht.
Er hat zunächst die Auffassung vertreten, daß die Beklagte bei der Abfassung des Kündigungsschreibens der Formvorschrift des § 15 Abs. 3 BBiG nicht genügt habe, weil die kündigungsrelevanten Tatsachen nicht konkret angegeben worden seien.
Darüber hinaus hat der Kläger die Kündigung auch aus materiellen Gesichtspunkten für rechtsunwirksam erachtet und bestritten, daß er in dem von der Berufsschule angegebenen Umgang zu spät gekommen sei. Es habe sich vielmehr um einige wenige, meist auch nur kurzzeitige Verspätungen gehandelt, die auf seine jugendliche Unbekümmertheit zurückzuführen seien. Unentschuldigte Fehltage hätte es nur in einem ganz geringen Umfang gegeben.
Der Kläger hat zusammenfassend gemeint, angesichts seiner in sechs Monaten bevorstehenden Abschlußprüfung und der Tatsache, daß es sich nur um schulische Versäumnisse gehandelt hätte, sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, das Ausbildungsverhältnis zu beenden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung seitens der Beklagten mit Schreiben vom 17.07.1992 fristlos aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, daß ihr Kündigungsschreiben der Formvorschrift des § 15 Abs. 3 BBiG genügte. Sie hat darauf verwiesen, daß der Kläger vorher mündlich über die konkreten Kündigungsgründe informiert und diese mit ihm durchgesprochen worden seien.
Zur Rechtfertigung der Kündigung selbst hat sie vorgetragen, der Kläger sei bis Mitte 1991 mehrmals vergeblich mündlich abgemahnt worden. Wenn er gleichwohl im Jahre 1992 in dem angegebenden Umfang in der Schule fehlte und zudem auch noch mangelhafte Leistungen erbrächte, sei es für sie auch kurz vor Abschluß der Ausbildung unzumutbar, das Ausbildungsverhältnis noch weiter fortzusetzen. Dies um so mehr, als der Kläger nach der Kündigung die Schule wiederum ...