Verfahrensgang
ArbG Essen (Aktenzeichen 3 Ca 797/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 06.05.1999 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt eine betriebliche Witwenrente.
Die am 02.07.1947 geborene Klägerin ist die Witwe des Architekten Hermann A.. Ihr am 28.05.1936 geborener, schwerbehinderter Ehemann war seit dem 15.11.1965 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin angestellt. Ihm waren Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der „Versorgungsordnung” der Beklagten, die Gegenstand einer am 07.06.1982 geschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung war, zugesagt. Die Versorgungsordnung (nachfolgend: VO) bestimmt u. a. Folgendes:
§ 6 Witwenrente
1. Eine Witwenrente erhält die Ehefrau eines Mitarbeiters oder Firmenrentners, wenn der Verstorbene den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat (Haupternährer-Eigenschaft).
2. Eine Witwenrente wird nicht gezahlt, wenn …
…
5. Die Witwenrente wird lebenslänglich, letztmalig für den Sterbemonat, gewährt. Der Anspruch erlischt jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Witwe eine neue Ehe eingeht. In diesem Fall erhält die Witwe eine einmalige Abfindung in Höhe von 24 Monatsbeträgen ihrer Witwenrente. Die Witwe ist verpflichtet, ihre Wiederverheiratung der Firma unverzüglich mitzuteilen.
…
§ 7 Witwerrente
§ 6 gilt entsprechend für den Witwer einer Mitarbeiterin oder Firmenrentnerin.
…
§ 9 Höhe der Versorgungsleistungen
…
7. Die Witwenrente beträgt 60 % der Firmenrente, die der verstorbene Ehemann bei seinem Tode bezog oder die er bezogen hätte, wenn er am Todestag berufsunfähig geworden und ausgeschieden wäre.
Diese Regelung gilt entsprechend für die Witwerrente.
Nach längeren Krankheitszeiten schied der Ehemann der Klägerin am 30.06.1994 bei der Beklagten aus. Nach 23-monatigem Bezug von Arbeitslosengeld erhielt ab dem 01.06.1996 BfA-Rente. Außerdem gewährte ihm die Beklagte ab diesem Zeitpunkt betriebliche Altersrente in Höhe von DM 820,00. Am 25.08.1998 verstarb der Ehemann der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem Jahr 1982 bei der Firma S. angestellt. Nach den Verdienstabrechnungen lag ihr Arbeitsverdienst bis einschließlich 1992 niedriger als der ihres Ehemannes. Ab 1993 überstieg das Einkommen der Klägerin vom Bruttobetrag her die aufgrund der Krankheitszeiten, anschließenden Arbeitslosigkeit und Verrentung verringerten Einkünfte des Ehemannes. Lediglich im Jahr 1994 waren die Einkünfte des Ehemannes aufgrund einer bezogenen Abfindung noch etwas höher. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung vom 23.08.1999 (Bl. 100 der Gerichtsakte), die Verdienstabrechnungen (Bl. 101 ff.) und die Steuerbescheide von 1985 bis 1998 (Bl. 143 ff.) verwiesen.
Die Klägerin hat im März 1999 vor dem Arbeitsgericht Essen Klage erhoben und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin,
für die Zeit vom 01.09.1998 bis 31.03.1999 eine rückständige Witwenrente von 3.444,00 DM nebst jeweils 4 % Zinsen von 492,00 DM seit dem 01.10., 01.11., 01.12.1998 und 01.01., 01.02., 01.03., 01.04.1999,
und
- laufend ab April 1999 eine monatliche Witwenrente von 492,00 DM, zahlbar jeweils am Monatsende, zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Ablebens ihres Ehemannes „Haupternährerin” gewesen sei und ihr daher nach § 6 Abs. 1 VO Witwenrente nicht zustehe.
Mit Urteil vom 06.05.1999 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit der form-und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie vertieft ihre erstinstanzlichen Rechtsausführungen und beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 06.05.1999 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat in der Verhandlung vor der Kammer am 15.09.1999 über die Verwendung der von ihr und ihrem Ehemann bezogenen Einkünfte nähere Auskunft gegeben. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift des vorgenannten Tages Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den von den Parteien vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht nach § 6 Nr. 1 VO Witwenrente zu.
1. § 6 Nr. 1 VO grenzt die Anspruchsberechtigung danach ab, ob der Verstorbene den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat oder nicht. An näheren Maßstäben für die Feststellung der „Haupternährer-Eigenschaft” lässt es die Bestimmung fehlen. Sie bedarf daher der Auslegung, die ihrerseits, weil es sich bei der VO um eine Gesamtbetriebsvereinbarung handelt, nach den für die Auslegung von Betriebsvereinbarungen geltenden Regeln vorzunehmen ist. Danach ist zunächst der Wortlaut maßgebend. Über den reinen Wortlaut hinaus ist sodann der wirkliche Wille der Betriebspartner und der von ihnen beabsic...