Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Arbeitgebers zur Anpassung der Betriebsrenten an die Entwicklung der gesetzlichen Renten aufgrund einer Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Anpassung der Betriebsrente auf der Grundlage einer betrieblichen Versorgungsregelung (Abweichung von Hessischem Landesarbeitsgericht 22.02.2017 - 6 Sa 972/16 -)
Leitsatz (redaktionell)
1. Sieht eine Versorgungsordnung vor, dass sich die zugesagten Versorgungsbezüge jährlich entsprechend der Anpassung der gesetzlichen Renten erhöhen, sofern der Arbeitgeber keine hiervon abweichende Entscheidung trifft, so liegt ein Anspruch mit einem Änderungsvorbehalt vor. Ein solcher Vorbehalt kann grundsätzlich auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden.
2. Die Auslegung der konkreten Versorgungsordnung ergibt, dass der Arbeitgeber von diesem Vorbehalt nur unter engen Voraussetzungen Gebrauch machen kann. Die Anpassung entsprechend der gesetzlichen Renten darf "nicht vertretbar" sein. Hierfür muss der Arbeitgeber darlegen, dass seine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihm eine Anpassung im eigentlich geschuldeten Umfang nicht ermöglicht (Abweichung vom Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22.02.2017 - 6 Sa 972/16 -).
3. Weiterhin ergibt die Auslegung der Versorgungsordnung, dass nicht nur die Pensionsergänzung, sondern die Gesamtversorgungsbezüge gemäß der Entwicklung der gesetzlichen Renten anzupassen sind. Dies bezieht auch die Rentenleistungen aus einer konzerneigenen Pensionskasse mit ein.
Normenkette
BetrAVG § 16
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 20.02.2017; Aktenzeichen 1 Ca 2206/16) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.02.2017 - 1 Ca 2206/16 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.02.2017 - 1 Ca 2206/16 - unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussberufung teilweise abgeändert und
- die Beklagte betreffend den Urteilsausspruch zu 2. zusätzlich verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 40,41 Euro brutto seit dem 04.07.2016, dem 02.08.2016, dem 02.09.2016, dem 05.10.2016, dem 03.11.2016, dem 02.12.2016 sowie dem 03.01.2017 zu zahlen;
- die Beklagte betreffend den Urteilsausspruch zu 3. zusätzlich verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 13,68 Euro brutto seit dem 02.07.2015, dem 04.08.2015, dem 02.09.2015, dem 02.10.2015, dem 03.11.2015, dem 02.12.2015, dem 05.01.2016, dem 02.02.2016, dem 02.03.2016, dem 04.04.2016, dem 03.05.2016 sowie dem 02.06.2016 zu zahlen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
- Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird sie nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung der Versorgungsbezüge des Klägers zum 01.07.2015 und zum 01.07.2016.
Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den deutschen H. Konzern eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der W. Deutsche Lebensversicherungs AG (im Folgenden: W.). Muttergesellschaft der Beklagten ist die H. Deutschland AG. Neben der Beklagten gibt es als weitere Versicherungsgesellschaft die H. Versicherung AG. Der am 14.02.1932 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.02.1973 bis zum 31.05.1990 bei der W. beschäftigt.
Nachdem der Kläger zunächst eine Invalidenrente bezogen hatte, bezog er seit dem 01.03.1997 zunächst von der W. und später von der Beklagten eine Betriebsrente aufgrund des Versorgungsfalls Alter, die monatlich zum Ersten zu zahlen war. Nach den Regelungen des BVW erhielt der Kläger eine Gesamtversorgung, die sich aus Rentenleistungen der konzerneigenen Versorgungskasse (im Folgenden VK-Altersrente - der später verwandte Begriff PK-Rente wird aus Vereinfachungsgründen nicht gebraucht) und einer Direktzusage (Pensionsergänzung, im Folgenden Vofue-Rente) zusammensetzte. Die Leistungen der VK-Altersrente wurden durch die nach dem Geschäftsplan der Versorgungskasse gutzuschreibenden Überschussanteile gesteigert. Geregelt wurde die Zahlung der Vofue-Rente in der Gesamtbetriebsvereinbarung "Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerks", bestehend aus den "Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden BVW), den "Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden BVW-A) und den "Übergangsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden BVW-Ü).
In den BVW hieß es u.a.:
"§ 1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds
Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer gesetzlicher Versorgungen und die Leistungen der Versorgungskasse zusammen die Gesamtversorgungsbezüge gemäß § 4 der Ausführungsbestimmungen nicht erreichen.
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