Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung einer Betriebsrente. Berechnungsdurchgriff. Eigenkapitalauszehrung. Betriebliche Altersversorgung. Gefahr der Eigenkapitalauszehrung

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfallentscheidung über die Anpassung einer Betriebsrente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet werden würde.

2. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen; denn die Anpassung muss nicht aus der Unternehmenssubstanz finanziert werden.

 

Normenkette

BetrAVG § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 10.11.2011; Aktenzeichen 7 Ca 2255/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.10.2014; Aktenzeichen 3 AZR 1027/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.11.2011 - 7 Ca 2255/11 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente mit Wirkung zum 01.01.2011.

Der Kläger war am Standort O. ursprünglich bei der International I. Company GmbH tätig. Diese erteilte ihm eine Versorgungszusage. Nachdem die Arbeitgeberin 1985 von der K. D. GmbH, einem Unternehmen des U.-Konzerns, übernommen wurde, schied der Kläger dort durch Aufhebungsvertrag zum 30.06.1989 aus. Seit dem 01.07.1990 bezieht er eine Betriebsrente. 1994 übernahm die K. D. GmbH von der U. Deutschland Holding GmbH O. den Geschäftsbereich Landmaschinen inklusive aller Aktiva und Passiva. Dabei gingen auch 1.107 aktive Arbeitnehmer über; die K. D. GmbH selbst hatte damals mehr als 1.176 Arbeitnehmer. Nach der Übernahme stand damit 2.238 aktiven Arbeitnehmern eine Anzahl von 1.730 damaligen Betriebsrentnern bzw. mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen Mitarbeitern gegenüber. Im Jahr 1999 übernahm die Agrarsparte "New Holland" des G.-Konzerns den Konkurrenten "D." und bildete den Land- und Baumaschinenkonzern "D. New Holland" (D.). Nach einer Umfirmierung der K. D. GmbH zur D. Germany GmbH wurde diese im Jahr 2002 auf die Beklagte verschmolzen. Seitdem erhält der Kläger seine Betriebsrente von der Beklagten. Gesellschafter der Beklagten sind die D. Europe Holding S.A. zu 10 % und die D. Baumaschinen GmbH zu 90 %. Die D. Europe Holding S.A. ist Alleingesellschafterin der D. Baumaschinen GmbH. Alleingesellschafterin der D. Europe Holding S.A. ist die D. Global N.V., die Obergesellschaft der Land- und Baumaschinensparte des G.-Konzerns. Die D. Global N.V. und die D. Europe Holding S.A. haben zugunsten der Beklagten (Bl. 444 f. d. A.) und der D. Baumaschinen GmbH (Bl. 672 f. d. A.) jeweils Patronatserklärungen abgegeben mit der Verpflichtung, diese auf der Basis eines nachrangigen Darlehens mit zusätzlicher Liquidität oder sonstigen finanziellen Mitteln auszustatten, soweit dies erforderlich ist, um es den Gesellschaften zu ermöglichen, alle fälligen Forderungen ihrer Gläubiger zu befriedigen und eine drohende oder bestehende Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinn zu vermeiden. Die Patronatserklärungen sind jeweils auf ein Jahr befristet. Die D. Baumaschinen GmbH ist seit Jahren bilanziell überschuldet. Die D. Global N.V. erzielt hingegen erhebliche Gewinne. Zwischen der D. Baumaschinen GmbH und der Beklagten besteht seit dem 01.01.2008 ein Ergebnisabführungsvertrag (Bl. 148 ff. d. A.). Zu den Stichtagen 01.01.2002 und 01.01.2005 nahm die Beklagte Anpassungen der Betriebsrenten vor. Zum 01.01.2008 passte die Beklagte die Zahlungen nach § 16 BetrAVG um 6,43 % auf beim Kläger insgesamt 2.408,43 € brutto an.

1996 hätte die D. Germany GmbH einen Verlust in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe erlitten, wenn keine einmaligen bilanziellen Sondereffekte eingetreten wären. Im Jahr 1997 stellte die Beklagte die eigene Fertigung von Traktoren und Dieselmotoren ein. Seitdem besteht ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich im Vertrieb von Produkten verbundener Unternehmen. Nach der Schließung erhöhte sich die Bruttomarge (um Herstellungskosten verminderte Umsatzerlöse) von 6 % in 1996 auf 12 % in 1997 und 16 % in 1998. In den Jahren 2007 bis 2010 beschäftigte die Beklagte zwischen 252 und 239 Mitarbeiter. Sie zahlt Betriebsrenten an über 2.000 Betriebsrentner, von denen über 1.100 ehemalige Arbeitnehmer des U.-Konzerns sind. Nach den von der Beklagten vorgelegten Bilanzen erwirtschaftete sie im Jahr 2007 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 39 Mio. € und in den Jahren 2008 bis 2010 einen solchen von jeweils 20,4 Mio. €. Nachdem sie im Jahr 2007 einen Jahresüberschuss von 66.434,01 € und 20...

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