Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Änderung der Arbeitszeit. Berechnung des Anspruches auf Rufbereitschaft gemäß §§ 8 TV Ärzte KF. Anspruch auf Jahressonderzahlung 2007

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 gemäß § 19 TV-Ärzte KF besteht nicht, weil in zulässiger Weise rückwirkend durch den TV-Ärzte KF der Anspruch auf Jahressonderzahlungen ausgeschlossen werden konnte.

2. Auf Grund der tariflichen Regelung des TV-Ärzte KF ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Gehalt des Arztes anteilsmäßig um den Betrag zu kürzen, welcher der Arbeitszeit entspricht, die der Arzt infolge der tariflich rückwirkend erhöhten Arbeitszeit in der Vergangenheit nicht geleistet hat; der Arbeitgeber ist allein berechtigt, im tariflichen Ausgleichszeitraum die nicht geleistete Arbeitszeit nachzufordern.

3. Rufbereitschaft II wird gem. § 8 TV-Ärzte KF mit 25 % der Arbeitszeit vergütet.

 

Normenkette

TV-Ärzte-KF §§ 5, 8, 15, 19

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Aktenzeichen 2 Ca 1914/08)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg wird teilweise abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.592,59 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt bei einem Streitwert von 9.246,57 EUR der Kläger zu 71,97 % und die Beklagte zu 28.03 %.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt bei einem Streitwert von 8.725,96 EUR die Beklagte zu 29,71 % und die Kläger zu 80,29 %.
  4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, als Arzt beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Dienstvertrag vom 12.09.1995. Hinsichtlich der getroffenen Vereinbarungen wird auf den Dienstvertrag zu Bl. 72-74 d.A. Bezug genommen.

Auf das Arbeitsverhältnis war kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme zunächst der BAT-KF anwendbar, der durch tarifliche Änderung überführt wurde in den TV-Ärzte-KF. Vorliegend sind Vergütungsansprüche für die Übergangszeit sowie Vergütungen für Rufbereitschaftsdienste und die Sondervergütung für das Jahr 2007 im Streit.

Für die Zeit von Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008 wurde das Arbeitsverhältnis zunächst abgerechnet auf der Basis des BAT-KF, der unter anderem eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde legte.

Durch Beschluss der arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22.10.2007 wurde der Tarifvertrag TV Ärzte-KF rückwirkend zum 01.07.2007 verabschiedet, der durch Verkündung und Veröffentlichung im kirchlichen Amtsblatt am 15.01.2008 wirksam wurde.

Im Februar 2008 erfolgte eine Rückrechnung der Vergütung für den Zeitraum Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008. Der neue Tarifvertrag (TV Ärzte-KF) sieht eine Arbeitszeit von 42 Wochenstunden vor bei einer erhöhten Grundvergütung. Die Beklagte rechnete den Zeitraum von Juli 2007 bis Januar 2008 im Februar 2008 nunmehr ab auf der Basis von 38,5/42 des neuen Grundgehaltes.

Weiterhin vergütete die Beklagte rückwirkend ab dem 01.07.2007 Rufbereitschaft II mit 25% des tariflichen Stundenlohnes.

Der TV-Ärzte-KF enthält unter anderem die folgenden Regelungen:

㤠5

Regelmäßige Arbeitszeit

[…]

(2) Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen. […]

§ 8

Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

[…]

(2) Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25% der Zeit der angeordneten Rufbereitschaft zu erwarten ist. Die Zeit der Rufbereitschaft II wird zu 50% als Arbeitszeit gewertet und dafür 50 % des tariflichen Stundenentgeltes der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.”

Wegen der Einzelheiten und weiteren Regelungen wird auf den zur Akte gereichten Text des TV-Ärzte KF zu Bl. 14-38 d.A. Bezug genommen.

Bei der Rückrechnung hat die Beklagte von dem zu Gunsten des Klägers errechneten Bruttobetrag von 8.771,13 EUR zu Lasten des Klägers 8.780,13 EUR brutto als Überzahlung eingestellt. Hiervon entfallen auf die Differenz aus der ungekürzten Grundvergütung für 42 Stunden zur Vergütung von 38,5/42 der neuen Grundvergütung 2592,59 EUR brutto. Die Sondervergütung ist mit 5.295,04 EUR brutto als Abzugsposten berücksichtigt worden, das Urlaubsgeld mit 255,65 EUR brutto. Auf die Neuberechnung der Rufbereitschaft als Rufbereitschaft II entfallen 3.485,85 EUR brutto als Abzugsposten. Die höhere Grundvergütung für den Kläger beträgt demgegenüber 3.990,69 EUR brutto.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Arbeitszeit sei nach einer 42-Stunden-Woche zu berechnen. Die Beklagte sei, soweit er nicht ohnehin über die 38,5 Stunden pro Woche hinaus gearbeitet habe, unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Zahlung von 3,5/42 pro Woche verpflichtet. Ihm stehe auch weiterhin für die Ru...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?