Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Änderung der Arbeitszeit durch TV. Berechnung des Anspruches auf Rufbereitschaft II gemäß §§ 8 TV-Ärzte KF. Anspruch auf Jahressonderzahlung für 2007

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 gemäß § 19 TV-Ärzte KF besteht nicht, weil in zulässiger Weise rückwirkend durch den TV-Ärzte KF der Anspruch auf Jahressonderzahlungen ausgeschlossen werden konnte.

2. Auf Grund der tariflichen Regelung des TV-Ärzte KF ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Gehalt des Arztes anteilsmäßig um den Betrag zu kürzen, welcher der Arbeitszeit entspricht, die der Arzt infolge der tariflich rückwirkend erhöhten Arbeitszeit in der Vergangenheit nicht geleistet hat; der Arbeitgeber ist allein berechtigt, im tariflichen Ausgleichszeitraum die nicht geleistete Arbeitszeit nachzufordern.

3. Rufbereitschaft II wird gem. § 8 TV-Ärzte KF mit 25 % der Arbeitszeit vergütet.

 

Normenkette

TV-Ärzte KF § 5; TV-Ärzte KF § 8; TV-Ärzte KF § 15; TV-Ärzte KF § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 25.02.2009; Aktenzeichen 4 Ca 1938/08)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 25.02.2009 wird teilweise abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.233,– EUR brutto abzüglich gezahlter 2.378,82 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 35 % und der Klägerin zu 65 %.
  3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
 

Tatbestand

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit Juli 1994 als Ärztin der Radiologie auf der Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien vom 01.07.1994 beschäftigt (i.E. Vertr., Anl. z.KlErwi. v. 09.10.2008).

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand gemäß Ziffer 4 des Arbeitsvertrages der Bundesangestelltentarifvertrag für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland (BAT-KF) Anwendung. Durch Beschluss der arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22.10.2007 wurde der BAT-KF mit Wirkung vom 01.07.2007 durch den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte, Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF) ersetzt. Der TV-Ärzte-KF wurde am 15.01.2008 im kirchlichen Amtsblatt verkündet.

Nach § 5 Abs. 1 TV-Ärzte-KF beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen 42 Stunden. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist gemäß § 5 Abs. 2 TV-Ärzte-KF ein Zeitraum von 1 Jahre zu Grunde zu legen. Nach dem BAT-KF betrug die regelmäßige Arbeitszeit 38,5 Wochenstunden.

Nach der Altregelung des BAT-KF erhielt die Klägerin ein Grundgehalt einschließlich Ortszuschlag, Tarifzulage und Besitzstands- Zulage von EUR 4.719,86 brutto monatlich auf der Grundlage der 38,5 Stundenwoche. Nach Zugrundelegen des TV-Ärzte-KF erhält die Klägerin ein Grundgehalt einschließlich Besitzstands-Zulage von zunächst EUR 5.295,08 und ab Januar 2008 von EUR 5.660,– brutto.

§ 8 Abs. 2 TV-Ärzte-KF sieht im Hinblick auf die Vergütung für Rufbereitschaft Folgendes vor: „Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25 % der Zeit der Rufbereitschaft zu erwarten ist.

Die Zeit der Rufbereitschaft II wird zu 50 % als Arbeitszeit gewertet und dafür 50 % tariflichen Stundenentgeltes der jeweiligen Entgeltgruppe und -stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.”

Gemäß § 19 des TV-Ärzte-KF wird bis zum 31.12.2009 eine Jahressonderzahlung nicht gewährt.

Die Beklagte rechnete gegenüber der Klägerin im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.01.2008 zunächst gemäß den Regelungen des BAT-KF ab und zahlte die entsprechende Vergütung aus. Im Februar 2008 nahm die Beklagte sodann eine Rückrechnung der Vergütung der Klägerin für den oben genannten Zeitraum auf der Basis des TV-Ärzte-KF vor, welche in rechnerischer Sicht, zwischen den Parteien unstreitig, richtig ist. Mit der neuen Abrechnung legte die Beklagte die erhöhte Grundvergütung nach dem TV-Ärzte-KF zugrunde, vergütete aber nur 38,5 Wochenstunden. Die Differenz zwischen der Vergütung für 42 Wochenstunden und der Vergütung für 38,5 Wochenstunden im Zeitraum 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 behielt die Beklagte mit der Märzabrechnung ein.

Ferner behielt sie von dem Entgelt für Februar 2008 die im November 2007 gezahlte Zuwendung in Höhe von EUR 4.837,72 ein, des Weiteren das gezahlte Urlaubsgeld von EUR 255,65.

Darüber hinaus berechnete sie die im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.01.2008 geleistete Rufbereitschaft neu. Sie berücksichtigte hierbei 50 % der Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit und zahlte für diese Zeiten 50 % der geschuldeten Vergütung.

Im Kammertermin am 25.02.2009 haben die Parteien einen Teilvergleich über die Zahlung des Entgeltes für Februar 2008 in Höhe des Urlaubsgeldes über EUR 255,65 geschlossen.

Die Klägerin hat geltend gemacht die Vergütung für Februar in Höhe der einbehaltenen Beträge, wobei sie sich die Einbehaltung des hälf...

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