Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts für eine Klage gegen einen Arbeitgeber mit Sitz in Kroatien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für eine Klage des Arbeitnehmers gegen einen Arbeitgeber mit Sitz außerhalb der Mitgliedsstaaten der EU (hier: Kroatien) ist die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gem. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO gegeben, wenn es sich um eine Streitigkeit aus dem Betrieb einer deutschen Niederlassung dieses Arbeitgebers handelt.

2. Zum Verzicht auf die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit im Rechtsmittelverfahren (in Anschluss an BGH, Urteil vom 13.07.1987, NJW 1987, 3081).

 

Normenkette

EuGVVO Art. 18-19; ZPO § 39

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen 10 Ca 2254/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom23.05.2007 – 10 Ca 2254/05 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Berufung – an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier arbeitgeberseitiger Kündigungen vom 07.03.2005 und 27.05.2005 sowie um Vergütungsansprüche der Klägerin von März bis Oktober 2005.

Die 55 Jahre alte Klägerin kroatischer Staatsangehörigkeit ist seit dem 02.11.1987 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft kroatischen Rechts mit Sitz in A., die aus dem Unternehmen „N. A. Arbeitsorganisation W.” hervorgegangen ist. Die Anstellung der Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten erfolgte nach damaligem kroatischen Recht aufgrund eines Arbeitsverhältnisbeschlusses der „Kommission für Arbeitsverhältnisse” vom 04.11.1987 für die Verwaltung in A. auf unbestimmte Zeit. Mit Beschluss der Generaldirektion der Rechtsvorgängerin vom 11.11.1991 wurde die Klägerin mit Wirkung ab dem 15.10.1991 als Sekretärin/Übersetzerin in die Zweigstelle E. entsandt. Die Parteien schlossen dann „auf der Grundlage des Arbeitsgesetzes der Republik Kroatien” unter dem 30.03.1996 einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Der Klägerin wurde darin ein Arbeitsplatz als Übersetzerin im Büro E. zugewiesen. Art. 15 des Vertrages sieht vor, dass im Falle eines Rechtsstreites zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die tatsächliche örtliche Zuständigkeit des Gerichtes in A. gegeben ist. Wegen der weiteren vertraglichen Einzelheiten wird auf Bl. 99 ff. verwiesen.

Die Beklagte betreute von ihrer Zweigstelle in E. aus Baustellen in Deutschland, auf denen kroatische Arbeitnehmer im Rahmen staatlich vereinbarter Kontingente beschäftigt wurden. Bei den Verwaltungsangestellten der Zweigstelle handelte es sich ebenfalls um kroatische Staatsangehörige, die sämtlich von der Zentrale in A. eingestellt worden waren. Der Zweigstellenleiter K. war zugleich Aufsichtsratsmitglied der Beklagten. Für die Zweigstelle der Beklagten war in E. ein Bankkonto errichtet, über das u.a. die Gehaltszahlungen abgewickelt wurden. Mitarbeiter der Zweigstelle akquirierten nicht nur Aufträge deutscher Kunden, sondern schlossen auch die entsprechenden Verträge ab, wobei unter Umständen eine Absprache mit dem Stammhaus erfolgte. Im E. Büro, das dem Besucherverkehr geöffnet war, wurden die Aufträge buchhalterisch abgewickelt. Von hier aus wurden für die Arbeitnehmer auch die Verpflichtungen gegenüber den deutschen Steuerbehörden und der Sozialversicherung wahrgenommen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die von der Klägerin erhobene Feststellungs- und Zahlungsklage durch Urteil vom 23.05.2007, auf das im Einzelnen verwiesen wird, mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch begründet. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Arbeitsgericht.

Die Klage ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz zulässig. Die internationale Zuständigkeit ist gegeben.

I. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts Düsseldorf folgt aus Art. 19 Nr. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, die am 01.03.2002 in Kraft getreten ist (EuGVVO).

1. Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO kann ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, vor den Gerichten des Mitgliedsstaats, in dem er seinen Wohnsitz hat, verklagt werden. Für juristische Personen befindet sich der Wohnsitz im Sinne dieser Bestimmung an dem Ort, an dem sich ihr satzungsgemäßer Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet (Art. 60 Abs. 1 EuGVVO). Da sich der satzungsgemäße Sitz und die Hauptverwaltun...

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