Leitsatz (amtlich)
Der Versorgungsschuldner darf das betriebliche Ruhegeld eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmers im Verhältnis der erreichten zu der nach der Vergütungsordnung erwarteten Betriebszugehörigkeit kürzen. Der so bestimmte Unverfallbarkeitsfaktor ist auch für die ratierliche Kürzung maßgebend, wenn der Arbeitnehmer eine vorzeitige Betriebsrente wegen vorzeitiger Altersleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt.
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 10.05.1995; Aktenzeichen 5 Ca 312/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.5.1995 – 5 Ca 312/95 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang die Betriebsrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme eines bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekürzt werden darf.
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zu gewährenden betrieblichen Altersversorgung.
Der am 20.08.1931 geborene Kläger war in der Zeit vom 13.01.1969 bis zum 31.03.1989 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien endeten durch einen Aufhebungsvertrag vom 08.08.1988.
Unter dem 15.08.1988 erteilte die Beklagte dem Kläger eine schriftliche Auskunft über eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung. Darin bestätigte die Beklagte dem Kläger, daß er zum Zeitpunkt seines Ausscheidens dem Betrieb 20 Jahre und 2 Monate angehört hatte. Es heißt dann weiter in der Auskunft wie folgt:
„Nach der im Zeitpunkt Ihres Ausscheidens geltenden Versorgungsregelung würden Sie bei Vollendung des 65. Lebensjahres ein Ruhegeld in Höhe von 156,80 DM monatlich erhalten.
Infolge Ihres vorzeitigen Ausscheidens ergibt sich jedoch nur ein zeitanteilig gekürztes Ruhegeld bei Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von monatlich 112,– DM”.
Bei diesem Betrag ging die Beklagte von 20/28 von 156,80 DM aus. Bei Eintritt des Versorgungsfalles vor Vollendung des 65. Lebensjahres sollte die Berechnung in entsprechender Weise erfolgen.
Grund und Umfang der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten richten sich nach den Richtlinien über die Pensionszusage der I. mbH in der Fassung vom 01.07.1979.
Darin heißt es unter Abschnitt 4:
„Eintritt des Leistungsfalles
1) Der Leistungsfall für das Altersruhegeld tritt nach Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen (Abschnitt 2) nach Ablauf des Monats ein, in dem nach Erreichen der Altersgrenze das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird. Als normale Altersgrenze gilt das 65. Lebensjahr. Ein Versorgungsberechtigter kann ein vorgezogenes Altersruhegeld bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres beantragen, sofern er das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres gemäß § 1248 RVO in Anspruch nimmt und die Leistungsvoraussetzungen (Abschnitt 2) erfüllt sind. Fällt das vorzeitige Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder weg, so werden auch die Leistungen der Kasse solange eingestellt, bis die Voraussetzungen für das Altersruhegeld erneut erfüllt sind.”
Abschnitt 5 der Richtlinien lautet:
„Höhe der Leistungen
1) Für einen Versorgungsberechtigten, der bei Eintritt des Leistungsfalles (Abschnitt 4) im Dienste der IH gestanden hat, beträgt das monatliche Altersruhegeld bzw. die monatliche Invalidenrente für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr (Abschnitt 6)
bis zu 24 anrechnungsfähigen |
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Dienstjahren |
je 4,60 DM |
bei 25 bis 39 anrechnungsfähigen |
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Dienstjahren |
je 5,60 DM |
bei 40 und mehr anrechnungsfähigen |
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Dienstjahren |
je 6,60 DM. |
Die übrigen IH-Renten werden um 5 % erhöht.”
Soweit es um die anrechnungsfähige Dienstzeit geht, heißt es in der Richtlinie unter Abschnitt 6, Ziff. 4 wie folgt:
„4) Ergeben sich bei der Ermittlung der
anrechnungsfähigen Dienstzeit neben vollen Jahren noch Einzelmonate, so werden 6 und mehr Monate als ein weiteres volles Jahr gezählt.”
Zur Frage der Unverfallbarkeit enthält die Richtlinie unter Abschnitt 8 unter anderem folgende Regelungen:
„Unverfallbarkeit
1) Scheidet ein Versorgungsberechtigter vor Eintritt des Leistungsfalles aus dem Arbeitsverhältnis zur IH aus, so wird er den in der IH tätigen Versorgungsberechtigten mit den reduzierten Leistungen nach Absatz 2) gleichgestellt, wenn er bei seinem Ausscheiden das 35. Lebensjahr vollendet und eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren hat.
2) Für einen Versorgungsberechtigten nach Absatz 1) werden die Leistungen, die sich nach Abschnitt 5 ohne das vorherige Ausscheiden ergeben hätten, im Verhältnis der Dauer der bis zum Ausscheiden zurückgelegten Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur normalen Altersgrenze (Abschnitt 4, Abs. 1: 65. Lebensjahr) gekürzt.
Veränderungen der Leistungsrichtlinien nach A...