Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf außertarifliche Zulage
Leitsatz (amtlich)
1. Einmalbetrag und prozentuale Tariflohnerhöhung gem. § 2 Nr. 2 u. 3 GA 2006 stellen zusammen mit der Zahlung der Strukturkomponente gem. § 6 Nr. 1 GA 2006 eine einheitliche Tariflohnerhöhung dar, die bei nur teilweiser Anrechnung auf eine außertarifliche Zulage mitbestimmungspflichtig ist.
2. Ein vertraglich vereinbarter Anrechnungsvorbehalt verlangt eine Gestaltungserklärung des Arbeitgebers, die grundsätzlich nur für die Zukunft zulässig ist.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 11.10.2007; Aktenzeichen 14 Ca 1636/07) |
Tenor
1. Die Berufungen beider Parteien gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom11.10.2007 – 14 Ca 1636/07 – werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.
3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit Tariflohnerhöhungen.
Der Kläger ist seit dem 01.04.1966 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zuletzt auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 17.06.1991 als Servicetechniker beschäftigt.
§ 2 des Anstellungsvertrages (Bl. 35 d. A.) lautet wie folgt:
„2. Vergütung
Sie erhalten folgende Vergütung:
Tarifgehalt nach Gruppe T4 im 2. Besch.-J. |
DM 3.325,00 |
tarifliche Leistungszulage 5 % |
DM 167,00 |
außertarifliche Zulage |
DM 720,00 |
insgesamt brutto |
DM 4.212,00 |
(in Worten: Deutsche Mark viertausendzweihundertzwölf).
Die Nettovergütung wird Ihnen am Ende eines jeden Kalendermonats auf das von Ihnen angegebene Konto bei einem Geldinstitut überwiesen.
Bei Änderung des Tarifs, der Einstufung in eine andere Tarifgruppe oder der Gewährung bzw. Änderung der tariflichen Leistungszulage behalten wir uns die Anrechnung einer gegebenenfalls vereinbarten außertariflichen Zulage vor. Soweit ein Vorgriff auf eine höhere Alters- oder Berufsahresstufe vorliegt, entsteht bei Erreichen kein Anspruch auf Veränderung der Vergütung.”
In § 7 des Anstellungsvertrages haben die Parteien die Geltung der Bestimmungen der Tarifverträge für Angestellte der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Tarifgebietes Nordrhein-Westfalen vereinbart.
Bis einschließlich Mai 2006 bezog der Kläger ein Tarifgehalt in Höhe von 2.841,70 EUR brutto sowie eine tarifliche Leistungszulage in Höhe von 142,50 EUR brutto und eine außertarifliche Zulage in Höhe von 92,03 EUR brutto.
In dem Gehaltsabkommen vom 22.04.2006 über die Tarifgehälter in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (im Folgenden GA) haben die Tarifvertragsparteien u. a. folgende Regelung getroffen:
…
§ 2 – Tarifgehälter
1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Gehaltstabellen, gültig ab 1. März 2005, weiter.
2. Die Angestellten erhalten nach Maßgabe des § 5 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310 Euro beträgt.
3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2006 werden die Tarifentgelte der Angestellten um 3 % erhöht. Diese Tariferhöhung fließt in eine so genannte feste ERA-Leistungszulage gemäß § 4.
…
§ 5 – Einmalbetrag
1. Die Betriebsparteien können den Einmalbetrag gem. § 2 Nr. 2 bei unterdurchschnittlicher, schlechter Ertragslage zeitlich innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrages verschieben oder bis auf Null reduzieren oder bei überdurchschnittlicher, guter Ertragslage bis auf das Doppelte durch freiwillige Betriebsvereinbarung erhöhen.
Vereinbaren die Betriebsparteien keine Abweichung, ist der Einmalbetrag in der tariflich vorgeschriebenen Höhe nach § 2 Nr. 2 auszuzahlen. Eine Erhöhung des Einmalbetrags kann der Arbeitgeber ausschließen, wenn es im Betrieb eine übertarifliche Regelung über eine Jahresabschlussvergütung, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld oder ähnliche Leistungen gibt.
…
§ 6 ERA-Strukurkomponente
1. Ist das ERA im Betrieb noch nicht eingeführt worden, werden ab März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung weitere Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten in Höhe von 2,79 % geleistet (§ 4 c) TV ERA-APF).
… ”
Durch Betriebsvereinbarung vom 11.05.2006 (Bl. 34 d. A.) vereinbarten die Betriebspartner die Auszahlung des Einmalbetrages mit der Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 2006.
Auch die außertarifliche Zulage zahlte die Beklagte zunächst weiter aus, bis sie mit Schreiben vom 22.09.2006 erklärte, sie werde rückwirkend ab 01.06.2006 die Gehaltserhöhung auf die außertariflichen Zulagen anrechnen. In dem
Schreiben vom 22.09.2006 heißt es:
„Anrechnung der Tariferhöhung auf AT-Zulage
Sehr geehrter Herr E.,
wir teilen Ihnen mit, dass wir aufgrund der weiterhin im Unternehmen herrschenden ungünstigen wirtschaftlichen Lage die rückwirkend ab 01.06.2006 gültige tarifliche Erhöhung der Löhne und Gehälter auf bestehende außertarifliche Zulagen anrechnen.
Dadurch reduziert sich die Ihnen gewährte außertarifliche Zulage um EUR 89,25.
Des Weiteren werden wir zukünftig auszuzahlen...