Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrat. ERA-Strukturkomponente. Gehaltsabkommen 2006. Metallindustrie NRW. Mitbestimmung. Klage auf künftige Leistung. Tariflohnerhöhung. Übertarifliche Zulage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für eine Klage auf künftige Leistung im Sinne des § 259 ZPO ist es nicht erforderlich, dass die Leistung unter allen Umständen mit Sicherheit geschuldet wird, sondern nur, dass sie, falls sich nichts Unerwartetes ereignet, geschuldet bleibt (BAG, Urteil v. 23. Februar 1983 – 4 AZR 508/81 = AP Nr. 4 zu § 850 c ZPO). Deswegen bedarf es unabhängig davon, ob es sich um eine Drittschuldnerklage oder eine andere Zahlungsklage auf Arbeitsentgelt handelt, auch nicht der Aufnahme der für den Vergütungsanspruch maßgeblichen Bedingungen in den Antrag bzw. im Urteil (a. A. BAG, Urteil v. 13. März 2002 – 5 AZR 755/00 = NJOZ 2003, S. 1553).

2. Eine individualrechtlich mögliche Anrechnung auf die übertarifliche Zulagen eines Arbeitnehmers ist nicht nur für die prozentuale Tariferhöhung des Gehaltsabkommens 2006 (GA 2006) für die Metallindustrie NRW zulässig, sondern auch für die nach § 6 GA 2006 zu zahlende ERA-Strukturkomponente.

3. Die in § 2 Nr. 2, § 5 GA 2006 geregelte Zahlung eines Einmalbetrags stellt mit der im § 2 Nr. 3 GA 2006 geregelten prozentualen Tariferhöhung eine einheitliche Tariferhöhung dar. Die ERA-Strukturkomponente ist dagegen kein Bestandteil einer einheitlichen Vergütungserhöhung ab März 2006.

 

Normenkette

BGB § 611; ZPO § 259; GA Metallindustrie NRW 2006 §§ 2, 5-6

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 02.05.2007; Aktenzeichen 8 Ca 5878/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.03.2009; Aktenzeichen 1 AZR 55/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund (8 Ca 5878/06) vom 2. Mai 2007 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 513,21 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 4. Januar 2007 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ab Dezember 2006 eine außertarifliche Zulage in Höhe von 143,49 Euro brutto monatlich zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 53,6 Prozent, die Beklagte zu 46,4 Prozent.

Der Streitwert wird auf 11.109,96 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Tariferhöhung sowie die ERA-Strukturkomponente nach dem Gehaltsabkommen für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalens vom 22. April 2006 (GA 2006) auf eine dem Kläger gewährte Zulage angerechnet werden kann.

Der am 15. August 1948 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 1. Oktober 1970 beschäftigt. Seit dem 1. April 1990 ist der Kläger Vorsitzender des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats und als solcher freigestellt. Davor war er zuletzt in der Stabsstelle „Kaufmännische Überwachung von Großprojekten” tätig und nur dem damaligen Hauptabteilungsleiter unterstellt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme die Tarifverträge für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung. Mit Schreiben vom 23. April 1990 (Bl. 128 f. d. A.) teilte die damalige Arbeitgeberin, die T2 GmbH, dem Kläger anlässlich der Freistellung als Betriebsratsmitglied zu seinen Bezügen folgendes mit:

Mit Wirkung vom 01.04.1990 haben wir für die Dauer Ihrer Freistellung Ihre Bezüge wie folgt festgelegt:

Tarifgehalt nach Gruppe K 6

nach dem 3. Beschäftigungsjahr DM 5.362,–

Tarifliche Leistungszulage 5 % DM 269,–

Monats-Bruttogehalt DM 5.631,–

Ausgleichszulage DM 564,–

zusammen DM 6.195,–

Mit der Ausgleichszulage sind Zeiten, die über Ihre regelmäßige Arbeitszeit aufgrund Ihres Amtes als Betriebsrat hinausgehen, abgegolten. Die Ausgleichszulage endet mit dem Ende Ihrer Freistellung, ohne dass es eines Widerrufs bedarf.

Im November/Dezember 1998 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem damaligen Arbeitsdirektor E3 statt, in dem es um die fehlenden beruflichen Weiterentwicklungschancen des Klägers aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit sowie deren Ausgleich ging. Die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Unter dem 9. Dezember 1998 teilte die damalige Arbeitgeberin, die B5 T3 GmbH, dem Kläger folgendes mit (vgl. Bl. 10 d. A.):

Sehr geehrter Herr R1,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass sich Ihre Bezüge mit Wirkung ab 01.01.1999 wie folgt erhöhen:

Tarifgehalt nach Gruppe K 6

nach dem 3. Beschäftigungsjahr DM 7.486,00

5 % tarifliche Leistungszulage DM 374,00

übertarifliche Zulage DM 590,00

Gehalt gesamt DM 8.450,00

Bei Änderung des Tarifs, der Einstufung in eine andere Lohngruppe oder der tariflichen Leistungszulage behalten wir uns die Anrechnung der übertariflichen Zulage vor.

Im Hinblick auf Ihre Freistellung nach § 38 BetrVG erhalten Sie eine Ausgleichszulage in Höhe von 10 % Ihres Monatslohns (Gehalt gesamt) – vom 01.01.1999 an DM 845,00 monatlich. Mit dieser Ausgleichszulage sind abgegolten

  • • etwaige Nacht-, Spät- und Schichtarbeitsvergütun...

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